Meilenstein für grüne Transformation des Wärmenetzes Ölper

Braunschweig, 11. April 2024 - BS Energy

Unterzeichnung des Letter of Intent im Braunschweiger Rathaus durch (v.li.n.re.) Dr. Franziska Gromadecki, Geschäftsführerin des Abwasserverbandes Braunschweig (AVB), Dr. Volker Lang, Vorstandsmitglied von BS Energy, Judith Kraft, Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Braunschweig GmbH (SEBS) und Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer, Stadt Braunschweig.© Stadt Braunschweig / Michaela Heyse

Die Stadt Braunschweig, der Abwasserverband Braunschweig (AVB), die Stadtentwässerung Braunschweig GmbH (SEBS) und BS Energy unterzeichnen eine
gemeinsame Absichtserklärung für die Nutzung von Abwasserwärme als regenerative
Energiequelle zur Dekarbonisierung des Wärmenetzes Ölper.


Das Nahwärmenetz Ölper soll klimaneutral werden. Wie zukunftsweisende Lösungsansätze für eine grüne Transformation der Wärmeerzeugung und -verteilung am Heizkraftwerk Ölper aussehen können, untersuchte eine von BS Energy geplante, und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen der Richtlinie „Wärmenetze 4.0” geförderte, Machbarkeitsstudie. Das Ziel ist, mit der Erneuerung der Anlagentechnik eine deutliche CO2-Reduktion zu erreichen. Die Studie zeigte auf, dass Abwasser als regenerative Wärmequelle aufgrund seiner ganzjährigen Verfügbarkeit großes Potenzial bietet.

Abwasser enthält einen Teil der thermischen Energie aus der vorangegangenen Nutzung in Haushalten, Gewerbe und Industrie. Beim Durchfließen der Wärmetauscher wird die Wärmeenergie dem Abwasser entzogen und in das Heizkraftwerk Ölper transportiert. Dort wird mittels Wärmepumpen das Temperaturniveau der gewonnenen Wärme weiter angehoben und schließlich dem Wärmenetz zugeführt. „Wir gehen derzeit von einer Entzugswärmeleistung von rund 3,75 MW am Standort Ölper aus, die zur Wärmeversorgung genutzt werden kann. Durch die Nutzung von Abwasserwärme ließe sich eine jährliche CO2-Reduktion von rund 5.400 Tonnen erzielen, was dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstoß
von knapp 800 Braunschweigerinnen und Braunschweigern entspricht", sagt Dr. Volker Lang, Vorstandsmitglied von BS Energy.

Das Wärmenetz Ölper am nordwestlichen Rand von Braunschweig ist das größte Inselnetz der Stadt und versorgt Liegenschaften im anliegenden Stadtteil Kanzlerfeld. Die jährliche Wärmeerzeugung beträgt etwa 40 Gigawattstunden (GWh). Bereits heute werden zur Wärmeerzeugung in Anteilen erneuerbare Energien (Biogas) genutzt. Das Biogasprojekt Ölper ist ein Gemeinschaftsprojekt zur umweltfreundlichen Energiegewinnung aus ökologischer Kreislaufwirtschaft, in dem Abwasser aus der Stadt und Bioenergie vom Land zu einem Wasser-Nährstoff-Energiekreislauf zusammengeführt sind. Das im Klärwerk gereinigte Abwasser
(Klarwasser) wird anschließend auf landwirtschaftlichen Flächen verregnet. Die hier angebauten Mais- und Roggenpflanzen erhalten dadurch gleichzeitig Wasser und lebenswichtige Nährstoffe. Das Getreide wird in der Biogasanlage des Abwasserverbandes Braunschweig in Hillerse durch Vergärung in Biogas umgewandelt, über die Transportleitung in die Energiezentrale in Ölper
transportiert und dort für die effiziente Strom- und Wärmeerzeugung mittels Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) genutzt. Die vorhandene Biogasleitung bietet eine sehr gute Voraussetzung für die weiteren Schritte bei der Umsetzung der grünen Transformation und bietet zudem ein hohes Maß an Versorgungssicherheit.

Durch die Nutzung der Abwasserwärme steigt der Anteil der erneuerbaren Energien im Nahwärmenetz Ölper in Zukunft auf 96,5 Prozent: 60 Prozent Abwasserwärme und 36,5 Prozent Biogas. Lediglich 3,5 Prozent deckt ein Spitzenlastkessel (Erdgas) im Bedarfsfall ab. Mit der gemeinsamen Absichtserklärung stellen die Beteiligten die Weichen für die weitere Planung und Umsetzung der grünen Transformation des Wärmenetzes Ölper. Vorbehaltlich der anschließenden noch zu erfolgenden vertraglichen Einigung und Genehmigung soll noch in diesem Jahr die nächste Planungsphase starten. Eine Förderung durch die „Bundesförderung für
effiziente Wärmenetze (BEW)” des BMWK wird angestrebt. Die Umsetzung und Inbetriebnahme der Abwasserwärmepumpe für das Wärmenetz Ölper soll dann bis 2028 erfolgen. 

Vorbild für künftige Projekte

Die Stadt Braunschweig strebt eine Treibhausgasneutralität bis 2030 an, Maßnahmen und Ziele sind im Integrierten Klimaschutzkonzept 2.0 formuliert. Von den Erfahrungen der grünen Transformation des Wärmenetzes Ölper sollen künftig auch andere Braunschweiger Wärmenetze profitieren. Die angestrebte Wärmeerzeugung soll dabei Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen. Eine von der Stadt beauftragte Potenzialanalyse zur Abwasserwärmenutzung im Entwässerungssystem der Stadt Braunschweig, erstellt von der PFI Planungsgemeinschaft, ergab, dass im Abwasser-Kanalnetz und an den Pumpwerken ein großes Wärmepotenzial vorhanden ist. „Mit dem Letter of Intent wird das gemeinsame Ziel zur Entwicklung der Energiegewinnung aus Abwasser weiter gefestigt und deutlich anvisiert. Das geplante Vorhaben ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und ein weiterer Schritt zur Erreichung der Klimaschutzziele der Stadt Braunschweig innerhalb des Integrierten Klimaschutzkonzeptes 2.0,“ betont Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer.

„Das Besondere an der grünen Transformation des Wärmenetzes Ölper ist, dass hier ein bereits bestehendes Wärmenetz klimaneutral umgerüstet wird. In der Regel werden solche Vorhaben nur bei der Planung von Neubauquartieren umgesetzt. Die Transformation hin zu einer vollständigen erneuerbaren Wärmeerzeugung am Standort Ölper ist somit wegweisend für zukünftige Projekte
im Stadtgebiet Braunschweig", sagt Dr. Volker Lang, Vorstandsmitglied von BS Energy.

„Abwasser als regenerative Energiequelle bietet aufgrund seiner ganzjährigen Verfügbarkeit großes Potenzial für eine klimafreundliche Wärmeversorgung. Die Nutzung der bislang ungenutzten Abwasserwärme aus der Kanalisation mittels Wärmepumpen ist ein Schlüsselbestandteil für die klimaneutrale Transformation des Wärmenetzes Ölper“, unterstreicht Judith Kraft, Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Braunschweig GmbH (SEBS).

„Welches Potenzial in Abwasser steckt, hat der Verband schon bei seiner Gründung vor 70 Jahren erkannt und sich in dieser Richtung ständig weiterentwickelt. Mit der Inbetriebnahme unserer Biogasanlage im Jahre 2007 haben wir die Initiative für eine umweltfreundliche Art der Strom- und
Wärmeerzeugung ergriffen. Es freut mich sehr, dass unsere frühen, richtungsweisenden Schritte jetzt wiederum wichtige Bestandteile des neuen Projekts sind“, erklärt Dr. Franziska Gromadecki, Geschäftsführerin des Abwasserverbandes Braunschweig (AVB).

Gemeinschaftliches Projekt von
Stadt Braunschweig
BS Energy, Planung, Ausführung und Betrieb Heizkraftwerk Ölper
Abwasserverband Braunschweig (AVB), Eigentümerin der Kläranlage Steinhof und der Biogasanlage Hillerse
Stadtentwässerung Braunschweig GmbH (SEBS), Betrieb der Kläranlage Steinhof;
Betrieb, Sanierung und Neubau des Kanalnetzes der Stadt Braunschweig


Das Wärmenetz Ölper - Die wichtigsten Informationen zusammengefasst:
● die jährliche Wärmeerzeugung beträgt etwa 40 Gigawattstunden (GWh)
● bereits heute in Anteilen erneuerbare Energien (Biogas)
● eine 20 km lange Gasleitung versorgt das Biogas-Blockheizkraftwerk Ölper mit Biogas aus
der Biogasanlage in Hillerse
● Prognose Erzeugung ab 2028: 96,5 Prozent erneuerbare Energien aus 60 Prozent
Abwasserwärme und 36,5 Prozent Biogas, 3,5 Prozent Spitzenlastkessel (Erdgas)

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