Der Bebelhof

Bebelhof und Zuckerberg© Foto: Dieter Heitefuß

  

Der Stadtbezirk Viewegsgarten - Bebelhof ist in dieser Stadtteilrubrik zweimal vertreten, als Bebelhof und Viewegs Garten. Die Gesamtdarstellung des Stadtteils findet sich unter Viewegs Garten. Hier nun ein Ausflug in die Geschichte des Bebelhofs:

 

 

Sonntagsausflug zum Bebelhof

 

Am 20. August 1930 schrieb die Braunschweiger Landeszeitung:

„Für den Sonntagnachmittag-Spaziergang hat Braunschweig ein neues Ziel. Da geht man lustwandelnd durch den Bürgerpark, biegt nach links hinein in die entzückend heimelige Wohnkolonie auf der Charlottenhöhe, freut sich der hübschen Straßennamen wie ‘Brockenblick’ und ‘Buchenweg’, lugt über Hecken und Gitterpforten, um dann - jetzt kommt das neue Ziel - mit einer Besichtigung des Bebelhofes den Wohlgelungenen Familienspaziergang zu beschließen.“

Damals war die von der sozialdemokratischen Braunschweiger Regierung geförderte Wohnanlage gerade ein Jahr alt. In Nachbarschaft zur seit 1926 im Bau befindlichen Eisenbahner-Siedlung Lämmchenteich entstand der Bebelhof (eigentlich: August-Bebel-Hof) ebenfalls südlich der Bahnanlagen des Verschiebebahnhofs an der Salzdahlumer Straße. Für die finanzschwachen Bevölkerungsschichten wollte man eine gute Wohnqualität realisieren. Die Häuserzeilen wurden in strenger Nord-Süd-Ausrichtung erbaut. Zwischen den Blöcken plante der Hamburger Architekt Friedrich R. Ostermeyer großzügige Freiflächen, die eine optimale Sonnenbescheinung und gute Durchlüftung der Wohnungen gewährleisten sollten. Nur wenige Ost-West-Riegel nahmen vor allem Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten, Verwaltung oder die Zentralheizungsanlage auf. Die Landeszeitung erwähnte in ihrem Artikel noch die Waschküche, „die den Neid aller Hausfrauen erweckt.“ Geplant waren außerdem ein Restaurant mit Versammlungsräumen, eine Bibliothek und eine Schule. Aufgrund der Kostenentwicklung verzichtete man jedoch auf die Verwirklichung. Auch wurden statt der 658 geplanten Wohnungen nur 450 errichtet. Immerhin war eine moderne Wohnanlage mit Zentralheizung und Badezimmern entstanden, eine Besichtigung wert und 1930 auf dem neuesten Stand.

Trotzdem verunglimpften die politischen Gegner den Bebelhof als „Denkmal roter Überheblichkeit“ und als eine „widerwärtige Massenansammlung syrischer Wohnhöhlen“.

Die gute Qualität der Wohnungen forderte natürlich ihren Preis, den aber in Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht jeder bezahlen konnte. Das führte schließlich zum Konkurs des Bauträgers Gewobau und 1934 zur Zwangsversteigerung der Siedlung an den braunschweigischen Staat. In den 1930er Jahren war der Bebelhof dagegen infolge der verbesserten Wirtschaftslage ein bevorzugtes Wohngebiet.

Am Ende des Krieges waren mehr als 200 Wohnungen zerstört oder ausgebrannt. Der Wiederaufbau ging nur langsam vonstatten. Noch 1952 beklagten die Mieter den trostlosen Zustand des Bebelhofes. 1954 kaufte die städtische Nibelungen Wohnbaugesellschaft den Komplex, 1956 begannen umfangreiche Sanierungsarbeiten. Die Häuser erhielten ein 4. Stockwerk und Satteldächer. Begründet wurde dies auch mit der dringend notwendigen Wohnraumbeschaffung für die Bewohner um den ehemaligen Friedrichsplatz, die für den Bau des neuen Bahnhofs weichen mussten. Die Bauhaus-ähnliche Architektur war dem Bebelhof allerdings damit genommen.

2007 ist der Bebelhof kein Ausflugsziel mehr. Eingezwängt zwischen Bahngelände und der neuen A 39, direkt an der verkehrsreichen Salzdahlumer gelegen, leben in der Wohnsiedlung viele Familien mit multikultureller Herkunft. Der Begriff Bebelhof gilt inzwischen auch für die ehemalige Siedlung Lämmchenteich. Eisenbahner aber gibt es aber nur noch wenige. Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk wurde 1976 geschlossen.

Dennoch lebt der Bebelhof; die Wohnbaugesellschaften bemühen sich um eine umfangreiche Sanierung der Gebäude. Das ist für die Häuser im ehemaligen Lämmchenteich in der Regel schon geschehen. Neben der Ganztags-Grundschule gibt es die Hans-Würtz-Schule und an der Hans-Porner-Straße wurde ein Jugendzentrum eingerichtet. In der Hans-Porner-Straße 7 gibt es inzwischen eine Integrative Begegnungsstätte, deren Träger die Lebenshilfe und die Stadt Braunschweig sehr um ein interessantes Angebot bemüht sind.  Der hässliche Bunker an der Borsigstraße verschwand zugunsten eines Einkaufsmarktes, der Hochbunker an der Salzdahlumer Straße wurde in Eigentumswohnungen umgebaut. Und am Ende der Borsigstraße befindet sich der „Lokpark“, das Areal der Braunschweiger Verkehrsfreunde, Platz für alte Lokomotiven und Eisenbahnwagen. Hier soll einmal der Radweg über das sogenannte Ringgleis enden. Die „Zeitschiene“ wird dann ein ansprechendes Freizeit- und Museumsangebot beinhalten, das wieder Menschen in den Bebelhof locken wird.

 

 

 

Der Bebelhof um 1929© Städtischer Bilddienst
Bebelhof in den 1960er Jahren© Wolfgang Zinnecker
Hans-Porner-Straße© Foto: Karl-Heinz Löffelsend
ehem. Eisenbahn-Ausbesserungswerk© Foto: Karl-Heinz Löffelsend

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