Geschichte
Das Östliche Ringgebiet der Stadt Braunschweig hat seinen Namen vom östlichen Teil der Ringstraße bekommen, die man seit den 80er Jahren des 19. Jhdts. als Querverbindung für die Ausfallstraßen der Stadt zu bauen begonnen hatte. Als Stadtbezirk 120 erstreckt es sich von der Hans-Sommer-Straße und Gliesmaroder Straße im Norden bis zur südlich der Georg-Westermann-Allee verlaufenden Bahnlinie und vom Okerumflutgraben im Westen bis zur Mittelriede im Osten.
Mittelalter: Der Hagenbruch
Bis zur Schleifung der Befestigungsanlagen zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Östliche Ringgebiet das Gebiet vor den Toren der Stadt im Osten: Fallerslebertor, Steintor, Magnitor. Das Weichbild Hagen erwirbt 1381 vom Abt von Riddagshausen das im Osten der Stadt Braunschweig zwischen der heutigen Gliesmaroder Straße und der Husarenstraße gelegene, etwa 240 Morgen große Bruchgebiet. Schon seit 1332 hatten die Bürger des Hagen das Wasser des Jödebrunnen im Bruchgebiet (heute: Wiesenstraße) genutzt und es mit hölzernen Röhren ("Pipen") bis zum Hagenmarkt geleitet. Das Bruchgebiet erhält nach den neuen Besitzern die Bezeichnung "Hagenbruch".
Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts: Erste Bebauung
Zwar hatte sich die Stadt durch die Anlage der Bastionärsbefestigung Völkers (1692-1694), die die Einbeziehung eines Teiles des vor den Toren gelegenen Gartenlandes und der Stadtweiden nötig gemacht hatte, schon etwas weiter ausgedehnt. Aber erst nach Schleifung der Befestigungsanlagen zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann eine allmähliche Besiedelung der östlichen Außenstadt. Die Schwerpunkte der Bebauung lagen zunächst an den Ausfallstraßen. 1860 stehen an der Helmstedter Straße 35 Häuser und an der Gliesmaroder Straße 14 Häuser. Die Gegend war aber noch stark ländlich geprägt. Die Kastanienallee war um 1850 nichts als ein von Weiden gesäumter Weg zu den Schutzhütten der Viehhirten der Altewieksweide. Immerhin wurden die Garten- und Feldwege 1862 in das Verzeichnis der Kommunalwege aufgenommen. Einen Eindruck von Häusern aus der frühen Bebauungsphase liefert die Fasanenstraße Nr. 57.
Kaiserzeit: Das Östliche Ringgebiet entwickelt sich
In der zweiten Hälfte des 19. Jhs. stieg die Bevölkerung in rasantem Tempo. Von 1858 (40.635 Ew.) bis 1889 (96.500 Ew.) hatte sich die Einwohnerzahl Braunschweigs mehr als verdoppelt. Der mittelalterliche Stadtkern war zu klein geworden; die Besiedelung der Außenstadt nahm immer mehr zu. Industrie und Gewerbe erlebten nach der Gründung des Kaiserreiches 1871 einen Aufschwung ("Gründerjahre"). Zunehmend siedelten sich auch Firmen in der Außenstadt im Osten an. Neben der Nähmaschinenfabrik Grimme, Natalis & Co. (später Herstellung der Brunsviga-Rechenmaschinen) finden sich auch kleinere Existenzgründer wie die "Kunst- und Handelsgärtnerei Lüddeke" (heute Nußberg-Garagen).
Der Durchbruch zu einer flächendeckenden Bebauung des Hagenbruchs erfolgte allerdings erst nach dem Verkauf der Herzoglichen Küchengärten 1888, die entlang der Oker zunächst wie eine Sperre für einen zentralen Zugang zur östlichen Außenstadt gewirkt hatten. Der Ortsbauplan des Stadtbaurates Ludwig Winter bildete die Grundlage für die Erschließung des bisher noch unbebauten Gebietes im Osten der Stadt. Mit einem schachbrettähnlichen Muster erhielt das Straßensystem in etwa sein heutiges Aussehen. Manche Straße wurde begradigt (z.B. Hagenstraße, heute Steinbrecherstraße) oder verschwand ganz (z.B. Brunnenstraße); als zentralen Zugang von der Innenstadt in ein neues großbürgerliches Wohngebiet ließ Winter nach dem Vorbild erliner Prachtboulevards die Kaiser-Wilhelm-Straße, die heutige Jasperallee bauen. Diese war vom Staatstheater bis zum Stadtpark genau 1 km lang und kreuzte genau auf der Hälfte die Ringstraße, die damals noch eher boulevardartigen Charakter hatte. Auf der Kreuzung stand ein riesiger Kandelaber, der großstädtisches Flair vermitteln sollte.
Im Jahre 1906, als die Kaiser-Wilhelm-Straße vollendet war, wurde die om neugotischen Stil von Winter entworfene Paulikirche eingeweiht, die Zentrum der neuen Gemeinde und ebenso Ausdruck des neuen Selbstbewusstseins des Bürgertums im Kaiserreich war. Damals überragte die Paulikirche mit ihrem etwa 70m hohen Turm, den ein Spitzdach als Turmhelm zierte, ihre Umgebung weit.