Timmerlah
Timmerlah - Vom Einwegedorf zum Stadtteil im Grünen
Anfang des 9. Jahrhunderts, genauer 830, erstmalig erwähnt als Dinberloha hat sich das Einwegdorf vom 16.Jahrhundert mit 17 Bewohnern (nur Männer) bis 2015 mit 2265 Einwohnern (männlichen und weiblichen) zu einem eigenen Stadtteil entwickelt. Aktuell (2021) wohnen in Timmerlah 2240 Einwohner.
Zur Geschichte
Timmerlahs Ortsname ist von "timber" = dunkel und "lâ" = Gehölz oder Wald abgeleitet. Dies lenkt unsere Aufmerksamkeit auf den nahen Timmerlaher Busch, der sich bis vor ca. 250 Jahren noch weiter in Richtung Dorf ausdehnte.
Entwicklung der Namensformen:
Dinberloha (830), Timberlo 1158, Tymberla 1187, Tymmerla 1302. 1)
Erwähnt ist der Name erstmals in einer Abschrift einer Liste von Schenkungen im Kodex Eberhardi im Jahre 830, die das Kloster Fulda von Graf Irminward erhielt. Der Ort gehört aber "vermutlich zu den Siedlungen am Ende der älteren Rodeperiode (7./8. Jh.)" 1). Er ist damit älter als die Siedlungskerne der Stadt Braunschweig. Die Nähe der später reichen und mächtigen Stadt hat über Jahrhunderte hinweg das Schicksal des Bauerndorfes und seiner Bewohner überwiegend negativ bestimmt.
Kriegerische Auseinandersetzungen der Stadt mit dem Herzog und Belagerungen durch die Herzoglichen und ihre Verbündeten hatten vielfach schlimme Folgen für das Dorf - außerhalb der Landwehr gelegen, der äußeren Grenz- und Befestigungslinie der Stadt. Es wurde oftmals in kurzen Abständen geplündert, verwüstet, eingeäschert oder mit militärischer Einquartierung und deren Folgen belastet.
Diese Situation entspannte sich erst, als der Herzog 1671 die Stadt Braunschweig unter seine Herrschaft gebracht hatte und seine Eroberungsversuche damit ein Ende fanden.
Aber auch ohne kriegerischen Hintergrund trafen Timmerlah wiederholt größere Feuersnöte: zwischen 1666 und 1723 allein fünf Mal.
Für die Zeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 sind Urkunden über die Geschichte Timmerlahs nicht mehr vorhanden. Ab diesem Friedensjahr bis zum Jahre 1814 liegen die Kirchenbücher im Landeskirchlichen Archiv vor. Auf ihrer Grundlage und aus eigener Kenntnis hat um 1930 der Landwirt und ehemalige Landtags- und Reichstagsabgeordnete Friedrich Wilhelm Cramm (geb. 1874) eine umfangreiche Arbeit geschrieben im Sinne einer Orts-Chronik mit dem Titel "Höfe, Häuser und Menschen in Timmerlah". (Diese Texte werden nach und nach zumindest auszugsweise per Link von hier aus zu erreichen sein.)
Timmerlah war ein Einwegedorf mit einer Kirche, deren Turm aus romanischer Zeit stammt und der 1799 mit einer zwiebelförmigen Haube versehen wurde. Welches Motiv für den Bau dieser in der Braunschweiger Region einzigartigen und zudem aufwendigen Turmhaube zugrunde lag, ist nicht mehr belegbar. So bieten mehrere kursierende Versionen der Fantasie hinreichend Spielraum, eine der Legenden zu bevorzugen. Der Kirchturm ist das einzige denkmalgeschützte Bauwerk in Timmerlah.
Im Rahmen der Ersten Generallandesvermessung wurde die Feldmark mit dem Dorf 1751 kartografisch erfasst und eine Dorf-, Feld- und Wiesenbeschreibung erstellt. Gut 100 Jahre später "kam in Timmerlah die Separation in Gang; nach 4 Jahren, im Herbst 1861, wurden die Pläne übergeben." 2) Die vielen kleinteiligen Felder wurden ’zusammengelegt’ und neu aufgeteilt, sie waren nun rationeller zu bearbeiten. Zusammen mit den Reformen des Abgaben-, Pflichten- und Steuersystems sowie der Abkehr von der Dreifelderwirtschaft erfuhr die Landwirtschaft einen kräftigen Aufschwung, der sich mit der Einführung des Anbaus von Zuckerrüben und später auch Gemüse fortsetzte. Nun erwies sich die Nähe der Stadt mit ihren aufblühenden Konserven- und Zuckerfabriken erstmals als Standortvorteil für die bäuerliche Wirtschaft Timmerlahs.
Im Rahmen dieser Separation legte man ein neues Straßen- und Wegenetz fest, das im Kern bis heute besteht. Als erste bauliche Erweiterung wurde ab Mitte des 19. Jh. die heutige Ohlenhofstraße bebaut. In den 30er Jahren des 20. Jh. entstanden die ersten Nebenerwerbs-Siedlungshäuser am Nettlingskamp im Westen des Dorfes, dessen Bebauung erst in den Nachkriegsjahren vollendet wurde.
Für Heimatvertriebene und Flüchtlinge folgte ein weiteres Neubaugebiet im Osten des Dorfes, dem heutigen Hopfenanger. In den 60er Jahren wurde der nördliche Heideweg mit acht Mehrfamilienhäusern bebaut, danach entstanden Einfamilienhäuser im Kiefernweg und Birkenring, am Dornenbusch und Schülerweg. Die letzte große Erweiterung Timmerlahs erfolgte ab 2001 im Nordosten mit dem Ortsteil Hopfengarten, in dem ca. 170 Wohneinheiten entstanden.
Entwicklung der Einwohnerzahl
Jahr |
Einw. |
Häuser |
---|---|---|
1539 |
17* |
|
1552 |
16* |
|
1798 |
278 | 34 |
1858 | 436 | |
1885 | 547 | 65 |
1905 | 603 | 74 |
1939 | 682 | |
1950 | 1003 | |
1993 | 1741 | |
2002 | 1884 | 356 |
2003 | 2275 | 500 |
2006 | 2348 | |
2013 | 2291 | 587 |
2014 | 2253 | 610 |
2015 | 2265 |
2021 2240
* Spalte Einwohner: 1539 und 1552 nur Männer
* Spalte Häuser: 1774 und 1798 Feuerstellen, 1885 und 1905 Wohngebäude
Im Rahmen der Gebiets- und Verwaltungsreform verlor Timmerlah 1974 seine kommunale Selbständigkeit und wurde ein Stadtteil Braunschweigs. Zusammen mit den benachbarten ehemaligen Dörfern Stiddien und Geitelde bildet es den kleinsten Stadtbezirk Braunschweigs mit einem gemeinsamen Stadtbezirksrat.
Das Wappen
Nach der Eingemeindung 1974 gehörte Timmerlah zu den ehemaligen Dörfern, die kein Wappen hatten aufweisen können. Da einige andere schon über ältere Wappen verfügten, wurde dem damaligen Ortsrat nahe gelegt, sich für ein Wappen zu entscheiden. Nach Beratung durch den Heraldiker A. Rabbow stimmte der damalige Ortsrat für das Wappen mit goldenen Eichenblättern auf grünem Untergrund. Der Bezug zum ’einst namengebenden Gehölz’ ist offenkundig. Darüber hinaus ist mit den Eichenblättern die vom Mittelalter bis ins vorletzte Jahrhundert dauernde Zugehörigkeit Timmerlahs zum Eichgericht bzw. Amt Eich symbolisiert, einem Gerichts- und Verwaltungsbezirk, dem die westlich vor der Stadt gelegenen Dörfer zugehörten.
Aus dem ehemaligen Dorf ist eine Stadtrandsiedlung geworden. Die einst dominierende Landwirtschaft wird noch von vier Haupterwerbslandwirten betrieben, die neben ihren Höfen in Timmerlah seit einigen Jahren noch größere Betriebe in den "neuen Bundesländern" bewirtschaften
Die Zahl der Geschäfte und Handwerksbetriebe ist seit Mitte der 90er Jahre stark zurückgegangen, wie zuvor schon in vielen kleineren Ortschaften. So schrumpfte die im Jahre 2000 noch hervorgehobene gute Infrastruktur innerhalb weniger Jahre rapide zusammen. Dies hat zur Folge, dass alltägliche Erledigungen wie Einkäufe oder Bankgeschäfte nicht mehr in Timmerlah erfolgen können.
Die Arztpraxis, die Kindertagesstätte, die Grundschule sowie die relativ gute Verkehrsanbindung Timmerlahs an die Stadt sind Gründe für eine nach wie vor recht hohe Zufriedenheit vieler Einwohner.
Der räumliche Abstand von den benachbarten Stadtteilen sowie die über die Eingemeindung hinaus erhalten gebliebenen Vereine einschließlich der Freiwilligen Feuerwehr haben ein lebendiges örtliches Eigenleben aufrecht erhalten.
¹) Braunschweiger Stadtlexikon, S.229
²) Cramm, Friedrich Wilhelm: Höfe, Häuser und Menschen in Timmerlah, 1931