Altstadtmarkt

Der bürgerliche Kern

(1) Altstadtrathaus, (2) Stechinelli-Haus, (3) Haus zu den sieben Türmen, (4) Marktbrunnen, (5) Gewandhaus, (6) Rüninger Zollhaus, (7) St. Martini© Stadt Braunschweig; Abteilung Geoinformation

Der Altstadtmarkt ist das Zentrum des Weichbildes Altstadt. Er wurde im 12. Jahrhundert mit der Erweiterung dieser Teilstadt nach Norden und der Vergabe des Stadtrechts als Hauptmarkt und später als Messeplatz planmäßig angelegt. Mit den sorgfältig aufeinander bezogenen Bauten von St. Martini (7) und Altstadtrathaus (1) an der Westseite und dem Marktbrunnen (4) erhielt der Altstadtmarkt in der Mitte des 15. Jahrhunderts sein spätmittelalterliches Gepräge.

Als Gegenstück zum herzoglichen Bereich an Burg und Dom fand hier der Bürgerstolz der damaligen Hansestadt seinen baulichen Ausdruck. Die dichten Bürgerhauszeilen der übrigen Platzseiten bildeten einen geschlossenen Stadtraum aus.

Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Altstadtmarkt schwerste Beschädigungen. Der Wiederaufbau folgte dem Konzept der Traditionsinseln. Die wertvollen Großbauten und der Brunnen wurden repariert und auch umfassend rekonstruiert. Ihre Wirkung sollte durch eine nach First und Traufe angenäherte neue Bebauung mit farbigen Putzfassaden gesteigert werden.

Die Fachwerkhäuser an der Südseite des Platzes wurden nicht wieder aufgebaut, die Nordwand des Gewandhauses (5) blieb frei.

An die zerstörte Bebauung erinnert das hier neu errichtete Fachwerkhaus (6). Es sichert die Geschlossenheit des Altstadtmarktes und die räumliche Verknüpfung zum Martinikirchplatz.

Gestiftet von Hermann Eppers. Braunschweig, 18. Februar 2006.

Lage

Der Altstadtmarkt in Geschichte und Gegenwart

Altstadtmarkt

Neben dem Burgplatz ist der Altstadtmarkt mit seinem einzigartigen Ensemble historischer Bauwerke der bedeutendste Platzraum in Braunschweig. Nach den schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges wurde er neu aber nach historischem Vorbild als Traditionsinsel gestaltet. Der Markt ist als Teil eines Gefüges von Stadträumen zu betrachten. Dazu gehören Kohlmarkt und Poststraße sowie der Platz An der Martinikirche. 

Der Altstadtmarkt als historischer Marktplatz des einstigen Weichbildes Altstadt lag an einer wichtigen West-Ost-Straße, die als Zweig einer wichtigen Handels- und Heerstraße bis nach Magdeburg führte. Der rechteckige Markt als planmäßige Anlage entstand während der Herrschaft König Lothars von Süpplingenburg bereits um 1130.

Seine einzigartige bauliche Kontur erhielt der Altstadtmarkt im Zeitraum von 1200 bis in das 15. Jahrhundert. Am Anfang stand die Rats- und Marktkirche St. Martini mit ihrer imposanten romanischen Doppelturmfront. Seit dem 13. Jahrhundert stehen Altstadtrathaus und Pfarrkirche in einem engen gestalterischen Zusammenhang. Mit den gotischen Erweiterungen von St. Martini und Errichtung der Rathauslauben (bis 1468) erhielt der Markt seinen charakteristischen Abschluss.

Wichtiger Teil des Ensembles ist der 1408 entstandene Marienbrunnen. Größter Profanbau am Platz ist jedoch das ca. 60 Meter lange Gewandhaus, dessen mittelalterlicher Kern im späten 16. Jahrhundert seine Renaissancegiebel erhielt. Vor seiner Platzfront bestand vormals eine einheitliche spätgotische Fachwerkzeile. 

In der Barockzeit wurde der Altstadtmarkt ein Hauptschauplatz der 1681 gegründeten Braunschweiger Warenmessen. Davon kündet bis heute das Haus zu den Sieben Türmen mit seinen Messgewölben. Im 19. Jahrhundert mussten zahlreiche alte Bürgerhäuser gründerzeitlichen Neubauten weichen. Mit dem Wiederaufbau entstand nach 1945 zum Teil ein neues Platzbild mit schlichten Neubauten, die sich harmonisch in das Ensemble einfügen.  

St. Martini Westfassade© Elmar Arnhold

St. Martini

Die Rats- und Pfarrkirche der Altstadt St. Martini ist ab 1190 nach dem Vorbild des Braunschweiger Doms als kreuzförmige romanische Basilika errichtet worden. Mit Fertigstellung des mächtigen Turmwerks konnte sie um 1240 vollendet werden. St. Martini besitzt die einzige vollständig ausgeführte Doppelturmfassade der mittelalterlichen Braunschweiger Kirchen. 

Ein bereits in den Jahren um 1250 begonnener Ausbau des Kirchen-Langhauses zu einer geräumigen Halle mit drei gleich hohen Schiffen zeugt von der Prosperität und dem Wachstum der Stadt im 13. Jahrhundert. Die Gestaltung der Fassaden mit ihren Giebelreihen wurde prägend für die folgenden Erweiterungen von St. Martini und sind insgesamt typisch für die großen Pfarrkirchen Braunschweigs. Besonders prachtvoll sind die zu Beginn des 14. Jahrhunderts geschaffenen hochgotischen Giebelfronten des Querschiffs mit ihren kunstgeschichtlich bedeutenden Figurenprogrammen. 

Mit der Erweiterung des Chorbereichs zum Markt und dem Bau der Annenkapelle an der Südseite war das Bauwerk bis 1434 vollendet. Von hohem städtebaulichen Rang ist der Gleichklang mit den übergiebelten Lauben des Altstadtrathauses. Dieser wurde in der Barockzeit sogar noch verstärkt, als man am Chorabschluss ebenfalls Giebel errichtete. 

St. Martini birgt mit dem spätgotischen Taufbecken, zahlreichen Grabdenkmälern, der prächtigen Orgel und dem Barockaltar eine wertvolle Ausstattung. Die Wiederherstellung der im Zweiten Weltkrieg beschädige Kirche konnte 1980 mit dem Aufbau der Turmspitzen abgeschlossen werden. 

Altstadtrathaus

Das einheitliche Erscheinungsbild des Altstadtrathauses täuscht über die lange und komplizierte Baugeschichte dieses Baudenkmals hinweg. Seine Winkelform und die spätgotischen Lauben mit den Standbildern sächsischer und welfischer Herrschergestalten geben dem Bau eine unverwechselbare Gestalt. Er gehört zu den bedeutendsten gut erhaltenen mittelalterlichen Rathäusern Deutschlands.  Im Jahr 1269 wurde es erstmals als „domus conveniamus“ (Versammlungshaus) erwähnt. 

Ältester Gebäudeteil ist der Westflügel, der als freistehendes Gebäude in der Zeit um 1250 errichtet wurde. Das zweigeschossige Haus diente im Erdgeschoss zu Marktzwecken, während das obere Stockwerk einen großen Ratssaal umfasste, welcher seit 1345 als Dornse bezeichnet wird. Prägend wurde die Erweiterung mit dem Bau des Nordflügels, der mit Weihe einer Ratskapelle 1386 abschloss. Der neue Flügel beinhaltete Räume für Archive, Schreiberei und für Handelszwecke sowie im Obergeschoss die „Kleine Dornse“. 

Altstadtrathaus© Elmar Arnhold

Zwischen 1447 und 1468 entstanden schließlich die einheitlich gestalteten Laubengänge mit ihrer prachtvollen gotischen Architektur und den Herrscherstatuen. Auch der Giebel zur Kirche wurde neu errichtet. 

Nach 1681 baute man das nicht mehr zu Ratszwecken genutzte Gebäude als „Autorshof“ für die Braunschweiger Warenmessen aus. Zwischenzeitlich wurde sogar der Abbruch der Lauben erwogen. Nach mehreren Sanierungen im 19. Jahrhundert und ab 1938 brannte das Bauwerk im Zweiten Weltkrieg aus. Heute dient das ab 1948 wiederhergestellte Altstadtrathaus u. a. für die stadtgeschichtliche Abteilung des Städtischen Museums. Die Dornsen werden für Veranstaltungen und Empfänge genutzt. 

Gewandhaus Ostfassade© Elmar Arnhold

Gewandhaus

Das Gewandhaus ist größter mittelalterlicher Profanbau der Stadt. Das 1303 erstmals erwähnte Bauwerk diente der einflussreichen Gilde der Tuchhändler (Gewandschneider) als Kauf- und Lagerhaus. Die Zugänge erfolgten über die beiden Giebelseiten. Am Markt war die lange Front durch Verkaufsbuden verdeckt, bis 1470-1476 eine einheitliche spätgotische Fachwerkzeile entstand. 

Als Fassaden des Gewandhauses sind daher die Giebelseiten besonders aufwendig gestaltet. Mit dem in Richtung Kohlmarkt wirkenden Ostgiebel entstand 1588-1592 ein Hauptwerk der deutschen Renaissancebaukunst. Die Baumeister (Hans Lampe) und Bildhauer (Balthasar Kircher und Jürgen Röttger) schufen eine Komposition in Verbindung klassischer Säulenordnungen mit niederländisch inspirierten Dekorationsformen. Der Westgiebel wurde 1590 umgebaut und zeigt noch heute Portal und Spitzbogenfenster des mittelalterlichen Kernbaus. 

Gewandhaus Nordfassade© Elmar Arnhold

Mit den Bombardierungen des Zweiten Weltkrieges brannte das Gebäude vollständig aus. Der Ostgiebel stürzte bei einem Unwetter im Herbst 1946 ein. Mit dem 1948-1950 erfolgten Wiederaufbau und der Rekonstruktion des Ostgiebels nach Plänen des renommierten Architekten Friedrich Wilhelm Kraemer wurde die Nordseite zum Altstadtmarkt freigestellt. Als Erinnerung an die alte Platzbebauung entstand am Durchgang An der Martinikirche ein Fachwerkbau mit Verwendung von Teilen des ehemaligen Rüninger Zollhauses. 

Haus zu den Sieben Türmen

Altstadtmarkt 11 – Haus zu den Sieben Türmen

Das Haus zu den Sieben Türmen ist das einzige erhaltene historische Bürgerhaus am Altstadtmarkt. Das stattliche Gebäude wurde 1708 als barocker Neubau errichtet. Im Erdgeschoss künden die Bögen – die Messgewölbe - von der ursprünglichen Nutzung als Messehandelshaus. Im Giebel ist ein Relief mit Hinweis auf den Hausnamen angebracht: eine Stadtmauer und sieben Türme, die von Halbmonden bekrönt werden. Diese sollen an den ursprünglichen Bauherren erinnern, der mit Heinrich dem Löwen eine Pilgerfahrt ins Heilige Land absolviert haben soll. 

Tatsächlich steht der Name des Hauses mit der Architektur des mittelalterlichen Vorgängerbaus in Verbindung. Seine Fassade schloss vormals mit einem Zinnenkranz mit sieben kleinen Türmchen ab. Einer dieser Turmaufbauten wurde im 19. Jahrhundert wiederentdeckt und in das Städtische Museum verbracht. Zu dem Fund passt die früheste schriftliche Erwähnung des Hauses aus dem Jahr 1249. 

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Stadt Braunschweig; Abteilung Geoinformation
  • Elmar Arnhold
  • Stadtarchiv Braunschweig
  • Archiv der Braunschweiger Heimatpfleger
  • Stadtarchiv
  • Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
  • Metz+Spies_BS_Werkstücke_Bd_9_Reihe_B_1988