Ricarda Huch
Die Historikerin und Dichterin wurde am 18.07.1864 in Braunschweig geboren. Nach dem Abitur begann sie in Zürich ihr Studium der Geschichte, Philosophie und Philologie. 1892 erhielt sie als eine der ersten Frauen im deutschsprachigen Raum die Promotionsurkunde. 1887 veröffentlichte sie ihre ersten Gedichte unter dem Pseudonym R.I.Carda, 1893 folgte der erste Roman „Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren“, in dem sie die tragische Liebesbeziehung zu ihrem Vetter Richard Huch verarbeitete. 1902 erschien der in Triest entstandene Roman „Aus der Triumphgasse“. Danach folgten „Vita somnium breve“ (späterer Titel „Michael Unger“), in dem sich ihre großartige Sprachbeherrschung zeigte.
1944 erhielt Ricarda Huch den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis der Stadt Braunschweig.
Sie starb 1947 in Schönberg/Taunus.
Als die Frankfurter Zeitung zum 60. Geburtstag von Ricarda Huch am 18. Juli 1924 die Glückwünsche Thomas Manns mit den Worten veröffentlichte: „Denn nicht nur die erste Frau Deutschlands ist es, die man zu feiern hat, es ist wahrscheinlich die erste Europas", stand die so Gefeierte im Zenit ihres Schaffens.
Rückblick
Die Erinnerung an Ricarda Huch wird nicht nur durch ihre Werke wachgehalten, die eine besondere Vermittlungsposition zwischen literarischem und historisch – wissenschaftlichem Schaffen einnehmen und die seit Beginn des neuen Jahrtausends in Print- und Digital – Editionen wieder neu erscheinen. In besonderer Form wird die Rolle Ricarda Huchs auch durch ihr Eintreten gegen die Ideologie des Nationalsozialismus wachgehalten, der sie 1933 als Mitglieder der Preußischen Akademie der Künste die abverlangte Loyalitätserklärung verweigerte.
Eine außerordentliche Würdigung hat Ricarda Huch dauerhaft durch die Installation des amerikanischen Künstlers Joseph Kosuth ( * 31. Januar 1945 in Toledo, Ohio) im Deutschen Bundestag erfahren: in den Boden der Halle des Paul-Löbe-Hauses wurde neben einem Zitat von Thomas Mann, „Der Zauberberg“ (1924) ein Textauszug aus dem Roman „Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren“ (1893) von Ricarda Huch zu der Frage „Was ist das Leben?“ eingelassen.
„Denn was ist das Leben des Menschen? Wie Regentropfen, die vom Himmel auf die Erde fallen, durchmessen wir unsere Spanne Zeit, vom Winde des Schicksals hin und her getrieben. Der Wind und das Schicksal haben ihre unabänderlichen Gesetze, nach denen sie sich bewegen; aber was weiß der Tropfen davon, den sie vor sich her fegen? Er rauscht mit den anderen durch die Lüfte, bis er im Sande versickern kann. Aber der Himmel sammelt sie alle wieder an sich und gießt sie wieder aus, und sammelt und vergießt wieder und wieder immer dieselben und doch andere. R.H.“
Braunschweig blieb für Ricarda Huch, die die Stadt erstmals 1887 verließ, stets Heimat. Aus Anlass des 75. Todestages der bedeutenden Schriftstellering und Wissenschaftlerin ehrt die Stadt das Andenken Ricarda Huchs durch eine Veranstaltungsreihe und die Errichtung einer Denktafel Gedenktafel zum frauenORT Ricarda Huch. Zusätzlich können Kostproben aus dem Werk der Autorin dauerhaft digital auf dieser Seite abgerufen werden.
Programm
Donnerstag, 17.11.2022
11:00 Uhr am Hohetorwall 11
Enthüllung der Ricarda Huch frauenORT-Gedenktafel
In Gedenken des 75. Todestages Ricarda Huchs wird die Gedenktafel zum frauenORT Ricarda Huch bei dem Haus ihrer Kindheit und Jugend am Hohetotwall 11 (im Durchgang zur Oker) enthüllt. Nach der Enthüllung durch Marion Lenz, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Braunschweiger, wird Herr Prof. Dr. Gerd Biegel ein Grußwort sprechen.
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Zum 75. Todestag von Ricarda Huch am 17. November 2022
»Geh schlafen, mein Herz, es ist Zeit«
Ricarda Huchs späte Jahre und ihre politischen Interventionen
Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel
Donnerstag, 17.11.2022, um 18.00 Uhr im Roten Saal im Schloss, Schlossplatz 1
Vortrag in Kooperation von Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte der TU Braunschweig und Fachbereich Kultur und Wissenschaft
Ricarda Huch, 1864 in Braunschweig geborene Schriftstellerin, studierte Ende der 1880er Jahre an der Universität Zürich, als ein Frauenstudium in Deutschland noch nicht möglich war. 1892 wurde sie als erste deutsche Historikerin promoviert. Erneut war sie die erste, als sie 1926 als erste Frau zum Mitglied der Sektion Dichtkunst der preußischen Akademie der Künste berufen wurde und für Thomas Mann war sie 1924 »die erste Frau Deutschlands, wahrscheinlich die erste Europas«. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verweigerte sie die durch Gottfried Benn entworfene und von den Mitgliedern der Akademie geforderte Loyalitätserklärung zum neuen Regime und trat demonstrativ unter öffentlichem Protest gegen die Nationalsozialisten aus der Akademie aus.
Mit dem 1934 erschienenen ersten Band ihrer Deutschen Geschichte übte Ricarda Huch sehr subtil Kritik am Nationalsozialismus. Mit ihrem Ideal des »Deutschen Reiches« im Mittelalter entwickelte Ricarda Huch ihren aktuellen Gesellschaftsentwurf, der entscheidend bestimmt wurde durch die Idee der Freiheit, Antiimperialismus und uneingeschränkte Toleranz. Damit stellte sich Ricarda Huch gegen jegliche offizielle Geschichtsschreibung jener Zeit, in der ihre Deutsche Geschichte entstand, ja sie entlarvte die Reichsideologie der Nationalsozialisten auf subtile Weise, worauf die Kritik heftig reagierte: »Im Deutschland Adolf Hitlers ist für Magierinnen dieser Art heute kein Platz mehr«. Ricarda Huch hatte damit viel gewagt, letztlich aber doch gewonnen. Sie blieb in Deutschland.
Die erste, die nach 1945, als die Widerstandskämpfer, vor allem die des 20. Juli, noch als »Vaterlandsverräter« verunglimpft wurden, ihre Stimme erhob war die braunschweigische Historikerin und Literatin, die schon wenige Wochen nach dem Attentat mit einem Gedicht »An unsere Märtyrer« die hingerichteten Opfer würdigte. Ricarda Huch hatte die Notwendigkeit des gedenkenden Erinnerns bereits 1946 erkannt, als sie die Öffentlichkeit aufforderte, zur Kenntnis zu nehmen, dass der menschenverachtende Naziterror nicht alleine das Bild Deutschlands bestimmt, sondern auch Widerstand gegen das Regime bestanden hatte. In der deutschen Presse startete sie einen Aufruf, alles nur erhaltene Material zu sammeln, um den im Kampf gegen Hitler und das Naziregime ums Leben gekommenen »Märtyrern«, aber auch dem deutschen Volk, ein Gedenkbuch zu erstellen, »damit das deutsche Volk daran einen Schatz besitze, der es mitten im Elend noch reich macht« und setzte den Widerstandskämpfern gegen das nationalsozialistische Regime ein literarisches Denkmal. Mit einem Gedenkvortrag erinnern wir zum 75. Todestag von Ricarda Huch:
Vortrag in Kooperation von Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte der TU Braunschweig und Fachbereich Kultur und Wissenschaft
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Donnerstag, 1.12.2022, 19:00 Uhr im Roten Saal im Schloss, Schlossplatz 1:
„Ein Lied in Moll-Akkorden“ – Romantische Lesung zu Ricarda Huch
Lesung in Kooperation von Gleichstellungsreferat der Stadt Braunschweig und Fachbereich Kultur und Wissenschaft.
Eine dramatische Leidenschaft verbindet Ricarda Huch mit ihrem Schwager Richard Huch. Es ist eine Liebe, die sich über Normen hinwegsetzt, ungewöhnlich für die moralischen Ansprüche des 19. Jahrhunderts. Zugleich aber ist es das Ringen zweier Menschen miteinander und um ihr Glück, wie es zeitloser nicht sein könnte.
Noch einmal wird das Schauspielerpaar Kathrin Reinhardt und Jürgen Beck-Rebholz die dramatische Liebe zwischen Ricarda und Richard Huch in einer szenischen Lesung aufleben lassen. Bereits 2014 wurde das Stück im Rahmen des Jubiläumsjahres für Ricarda Huch entwickelt und mehrmals erfolgreich aufgeführt.
Audiodateien
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