Ein Blick ins Raabe-Haus

Mit dem Blick ins Raabe-Haus möchten wir Sie auf die vielseitigen Facetten des Schriftstellers Wilhelm Raabe (1831 – 1910) und die Dauerausstellung im Raabe-Haus:Literaturzentrum aufmerksam machen. Bei dem virtuellen Rundgang durch unser Museum präsentieren wir Ihnen Fotos in Verbindung mit Audiofiles, die von Jürgen Beck-Rebholz und Kathrin Reinhardt eingesprochen wurden.

Außerdem haben Sie die Möglichkeit, sich einige Video-Clips anzusehen. Mit diesem Clip-Projekt, starten wir den Versuch, Aspekte zu Wilhelm Raabe noch einmal ganz anders in den Fokus zu stellen. Schauen Sie dazu auch auf unsere Seite mit Anekdoten zu Raabe. Weitere Clips werden folgen.

Für einen reibungslosen Ablauf beim Betrachten der Clips empfehlen wir, diese anzuklicken, die Pausentaste zu klicken und erst anzusehen, wenn Ihr Browser den Clip vollständig geladen hat. Es dauert i.d.R. nur ein paar Sekunden.

Das Raabe-Haus:Literaturzentrum bedankt sich beim Bundesverband Soziokultur e.V. (Öffnet in einem neuen Tab) und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (Öffnet in einem neuen Tab) für die Förderung aus dem Sofortprogramm NEUSTART, ohne die die Realisierung dieses Projekts nicht möglich gewesen wäre.

Das heutige Raabe-Haus in der Leonhardstraße 29 a in Braunschweig, erbaut 1898/99. (Wird bei Klick vergrößert)

Das Raabe-Haus:Literaturzentrum Braunschweig in der Leonhardstraße 29a.© Janina Snatzke

Das Raabe-Haus:Literaturzentrum Braunschweig in der Leonhardstraße 29a. Wilhelm Raabe hat in diesem Haus von 1901 bis zu seinem Tod 1910 gelebt. Das Literaturzentrum ist in der ersten Etage angesiedelt. Erbaut wurde das Haus 1898/99. Hier können interessierte Besucher*innen das Museum mit dem authentischen Arbeitszimmer besichtigen. Bitte beachten Sie die Hinweise zu unseren Öffnungszeiten (Öffnet in einem neuen Tab).

„Glücklich bin ich vorgestern Nachmittag 3 1/2 Uhr hier angekommen ... Die Umzugsverwüstung blüht - morgen Gipfel der Verwirrung!“ Wilhelm Raabe, Braunschweig, 30. September 1870 Am 21. Juli 1870 zieht Wilhelm Raabe mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern nach Braunschweig. Zuerst lebt die Familie übergangsweise bei Bertha Raabes Mutter Caroline Leiste im Johannishof, in der Straße Kattreppeln. Die angemietete Wohnung in der Salzdahlumer Straße 3 - heute Böcklerstraße 8 - ist erst am 9. Oktober 1870 bezugsfähig. Danach wechselt Raabe noch mehrfach in Braunschweig die Mietwohnungen, die sich aber stets im Gebiet des sogenannten Krähenfeldes befinden: (1882-1886) Wolfenbüttler Straße 9 (1886-1896) Leisewitzstraße 7 (1896-1901) Am Windmühlenberg 3 (1901-1910) Leonhardstraße 29 a Am 15. November 1910 gegen Abend stirbt Wilhelm Raabe in seiner letzten Wohnung - hier in der Leonhardstraße - und wird am 19. November auf dem Hauptfriedhof begraben.

Videoclip: 'Stille'

Videoclip: 'Stille'© Stadt Braunschweig

Mosaik im Treppenhaus. Salve = Herzlich Willkommen. (Wird bei Klick vergrößert)

Mosaik im Treppenhaus. Salve = Herzlich Willkommen.© Janina Snatzke

Salve bedeutet im Lateinischen: Sei gegrüßt!

Schon zu Lebzeiten des Schriftstellers Wilhelm Raabe wurden Bewohner*innen und Besucher*innen durch das Mosaik im Treppenhaus auf diese freundliche Art und Weise willkommen geheißen. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Schon zu Lebzeiten des Schriftstellers Wilhelm Raabe, der die letzten zehn Jahre seines Lebens in der Leonhardstraße 29 a – dem heutigen Raabe-Haus – gewohnt hat, wurden Bewohner und Besucher durch das Mosaik auf diese besondere Art und Weise willkommen geheißen. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Also Salve an das interessierte Publikum. Mit dieser Präsentation auf dem Internetauftritt der Stadt Braunschweig möchten wir Sie dazu bewegen, das Museum im Raabe-Haus zu besuchen.

Wilhelm Raabe, 1901. (Wird bei Klick vergrößert)

Wilhelm Raabe, 1901.© Stadt Braunschweig

So hat es ausgesehen, wenn Wilhelm Raabe persönlich in seinem Arbeitszimmer vor seinem Bücherregal las. Das Mobiliar mitsamt der darin gestandenen Bücher finden Sie noch heute genau so im Raabe-Haus vor.

Sehen Sie es sich doch einmal aus der Nähe an.

Anna-Margarete Ehninger, eine Enkeltochter Raabes erinnert sich: „Raabes bewohnten eine sehr geräumige 7-Zimmerwohnung. Sie hatte große helle Zimmer ... Bis auf das Atelier von Margarethe Raabe ... waren alle Zimmer untereinander durch Türen, z.T. Flügeltüren, verbunden. Man konnte, ohne über den Flur zu gehen, von einem Zimmer ins andere gelangen, durch die ganze Zimmerflucht ... Die Zimmer waren fast 4 m hoch und hatten Stuckdecken.“ Von 1901 bis zu seinem Tod 1910 lebt Wilhelm Raabe mit seiner Familie hier in der Mietwohnung Leonhardstraße 29 a. Nach dem Tod der Mutter - Bertha Raabe verstirbt am 15. Juli 1914 - bleibt Margarethe Raabe (1863 - 1947) weiterhin in der Leonhardstraße wohnen und verwaltet den Nachlass ihres Vaters. Das Haus wird am 23. April 1944 durch eine Luftmine schwer beschädigt. Raabes Bibliothek, die Handschriften und Zeichnungen sowie das Mobiliar des Arbeitszimmers werden von Margarethe Raabe an einen sicheren Ort gebracht und können dadurch gerettet werden. Nach der Wiederherstellung des Hauses Leonhardstraße 29 a eröffnet die Stadt Braunschweig am 8. September 1948 die Raabe-Gedächtnisstätte, das heutige Braunschweiger Raabe-Haus.

Im Foyer des Museums Raabe-Haus. (Wird bei Klick vergrößert)

Das Foyer im Museum Raabe-Haus.© Janina Snatzke

Machen Sie sich vertraut mit dem vielschichtigen Angebot des Raabe-Hauses. Wir würden gern Ihre Neugier wecken, nicht nur für Raabes Werke, sondern auch für unsere vielfältigen aktuellen Literaturprojekte.

Lassen Sie sich begeistern von Raabes Nachlass – mit seiner Bibliothek und einigen Originalmanuskripten als Leihgabe aus dem Westermann Verlag (Öffnet in einem neuen Tab) – der Literaturinteressierten viele Einblicke in ein Schriftstellerleben gewährt.

„Das Leben ausnutzen heißt nicht, sich dem hingeben was die Leute so nennen, sondern seiner eigenen Natur folgen, sie in ihren vorteilhaften Seiten ausbilden, und was sie groß nennt thun, wenn auch die Welt es gering und langweilig schätzt.“ Diese Reflexion vom 22. Januar 1875 findet sich in Raabes Notizbuch 4. Die Ausstellung versucht den verschiedenen und so ganz und gar nicht langweiligen Seiten des Schriftstellers und des Privatmannes Wilhelm Raabe nachzuspüren. Das Kernstück ist das authentische Arbeitszimmer Wilhelm Raabes. Hier vereinen sich die beiden Aspekte, die in den beiden Ausstellungsräumen voneinander getrennt behandelt werden: der nur von seinem künstlerischen Werk lebende Schriftsteller und der oft zurückhaltende Privatmensch. Im Raum, der sich mit dem Schriftsteller Wilhelm Raabe auseinandersetzt, wird das gesamte schriftstellerische Werk – nahezu 70 Romane und Erzählungen – dem Besucher vor Augen geführt. Hier werden Einblicke in Manuskripte gewährt, einige von ihnen sind Leihgaben des Georg Westermann Verlages. Der Raum, der sich dem Privatmann widmet, zeigt viele Gegenstände aus Raabes Alltag, angefangen bei einem seiner ersten Schulaufsätze bis zur Locke seiner Ehefrau Bertha Raabe. Die Ausstellung umfasst das Gesamtwerk des Schriftstellers, eine Auswahl seines zeichnerischen Schaffens, Originalexponate aus seinem Alltag und erläuterndes Bildmaterial mit Texten zu spezifischen Themenstellungen. Ergänzend findet man eigene Aussagen Raabes und Stellungnahmen seiner Zeitgenossen wie auch späterer bedeutender Vertreter aus Kultur und Gesellschaft. In ihrer Gesamtheit sollen die Exponate charakteristische Züge aus Leben und Werk des Schriftstellers Wilhelm Raabe gegenständlich werden lassen.

Impression aus Wilhelm Raabes Arbeitszimmer. (Wird bei Klick vergrößert)

Impression aus Wilhelm Raabes Arbeitszimmer.© Janina Snatzke

Ob Schriftsteller, Zeichner oder Privatmensch – vieles dreht sich vor Ort um Raabes Welt.

Anna-Margarete Ehninger, eine Enkeltochter Raabes erinnert sich: „Wenn ich mich auch hier, hindurchgeschaut´ hatte, schlich ich mich vorsichtig an die offene Tür zum Arbeitszimmer meines Großvaters und sah vorsichtig hinein ... Er sagte nie, nein´, wenn er allein war. Ich war glücklich, konnte ich ihm gegenüber in der Sofaecke sitzen. Es roch so gut in seinem Zimmer nach guten Zigarren, und der ganze Raum war voll Licht und Sonne! ... Raabe mochte keinen Teppich in seinem Zimmer, weil er es liebte in der Diagonale im Zimmer hin- und herzugehen, immer von der Bücherwand zu den Fenstern.“ Das Kernstück des Braunschweiger Raabe-Hauses ist das erhalten gebliebene Arbeitszimmer des Schriftstellers. Ein Bombentreffer im April 1944 zerstört - bis auf wenige ausgelagerte Möbel - beinahe die gesamte Einrichtung der Raabeschen Wohnung. Nur das Arbeitszimmer bleibt fast unversehrt und kann 1948 nahezu original wiederhergestellt werden.

Raabes Privatbibliothek, die aus ca. 1800 Büchern besteht. (Wird bei Klick vergrößert)

Einige Bände aus Raabes Privatbibliothek.© Janina Snatzke

Wilhelm Raabes Privatbibliothek besteht aus rund 1.800 Bänden.

Die Stadt Braunschweig besitzt nahezu den vollständigen Nachlass des Schriftstellers Wilhelm Raabe: einen Teil der Manuskripte, Tagebücher und Korrespondenz, sein zeichnerisches Werk und seine private Bibliothek, zusammen mit einer großen Zahl von Erstausgaben seiner Werke. Die hier zu sehende Originalbibliothek Wilhelm Raabes umfasst nach heutiger Zählung rund 1800 Bücher. Sie enthält nicht nur Titel aus Raabes eigener Anschaffung, sondern auch Erbstücke aus der Bibliothek des Großvaters August Heinrich Raabe (1759-1841) und des Vaters Gustav Raabe (1800-1845). Raabes Bibliothek ist eine Arbeitsbibliothek - an den Anstreichungen in den Büchern ist zu erkennen, womit der Schriftsteller sich besonders beschäftigt hat.

Der Ausstellungsraum, der sich inhaltlich auf den Menschen Wilhelm Raabe fokusziert. (Wird bei Klick vergrößert)

Ausstellungsraum: Wilhelm Raabe als Privatmensch.© Janina Snatzke

In diesem Teil der Ausstellung werden verschiedene Aspekte aus Wilhelm Raabes Privatleben in den Fokus gestellt.

Raabe als Ehemann, Familienvater, Vereinsmensch und vieles mehr.

Am 9. August 1906 schreibt Wilhelm Raabe Ich bin am 8. September 1831 zu Eschershausen im Herzogtum Braunschweig geboren worden. Mein Vater war der damalige “Aktuar” am dortigen Amtsgericht, Gustav Karl Maximilian Raabe, und meine Mutter Auguste Johanne Frederike Jeep, die Tochter des weiland Stadtkämmerers Jeep zu Holzminden. Meine Mutter ist es gewesen, die mir das Lesen aus dem Robinson Crusoe unseres alten Landsmanns aus Deensen, Joachim Heinrich Campe beigebracht hat. Was ich nachher auf Volks- und Bürgerschulen, Gymnasien und auf der Universität an Wissenschaften zu erworben habe, heftet sich alles an den lieben feinen Finger, der mir ums Jahr 1836 herum den Punkt über dem i wies. Im Jahr 1845 starb mein Vater als Justizamtmann zu Stadtoldendorf und zog seine Witwe mit ihren Kindern nach Wolfenbüttel, wo ich das Gymnasium bis 1849 besuchte. Wie mich danach unseres Herrgotts Kanzlei, die brave Stadt Magdeburg, davor bewahrte, ein mittelmäßiger Jurist, Schulmeister, Arzt oder gar Pastor zu werden, halte ich für eine Fügung, für welche ich nicht dankbar genug sein kann. Ostern 1854 ging ich nach einem Jahr ernstlicher Vorbereitung nach Berlin, um mir auch “auf Universitäten” noch etwas mehr Ordnung in der Welt Dinge und Angelegenheiten, so weit sie so ein junger Mensch übersehen kann, zu bringen. Im November desselben Jahres begann ich dort in der Spreegasse die Chronik der Sperlingsgasse zu schreiben und vollendete sie im folgenden Frühling. Ende September 1856 erblickte das Buch durch den Druck das Tageslicht und hilft mir heute noch neben dem Hungerpastor im Erdenhaushalt am meisten mit zum Leben. Denn nur für die Schriften meiner ersten Schaffensperiode, die bis zum letzten erwähnten Buch reicht, habe ich Leser gefunden, für den Rest nur Liebhaber, aber mit denen, wie ich meine, freilich das allervornehmste Publikum, was das deutsche Volk gegenwärtig aufzuweisen hat. Anno 1862 sah auch ich ein, dass es nicht gut sei, wenn der Mensch allein bleibe, heiratete Fräulein Bertha Emilie Wilhelmine Leiste und zog mit ihr nach Stuttgart, wo uns zwei Mädchen geboren wurden und ich “Die Leute aus dem Walde”, “Den Hungerpastor”, “Abu Telfan” und “Der Schüdderump” schrieb. Mit Freude, aber auch mit Wehmut gedenken zwei Greise heute noch an jene, gute sonnige Zeit unter den Reben und den Freunden und Freundinnen des Neckartals! Achtzehnhundertsiebzig ging sie zu Ende, nicht durch den Krieg, sondern nach dem Wort im Buch Hiob: Vorüber geht es, ehe man es gewahr wird, und es verwandelt sich, ehe man es merkt. Seit dem 21. Juli 1870 wohne ich nun in Braunschweig, wo mir noch zwei Töchter geboren wurden, deren jüngste, ein liebes schönes Mädchen, sechzehnjährig ihren Eltern am Johannismorgen 1892 durch den Tod genommen - durch Aurora entführt wurde. Was ich hier am Orte im Laufe eines Menschenalters weiter zusammengeschrieben habe, überlasse ich auf dem Altersteil Altershausen als Schriftsteller a. D. der Begutachtung der Nachwelt. Möge sie nach Möglichkeit Nutzen daraus ziehen! Drei Dinge sind mir persönlich aus meinem Aufenthalt auf der Erde heute, wenn auch nicht die bemerkenswertesten, so doch merkwürdig. Ich komme aus den Tagen, wo in meines Vaters Haus an der Weser mit Stein, Stahl und dem “Plünnenkasten” Licht angezündet und Feuer gemacht wurde. Ich habe einen Herrn gekannt, der noch seinen Zopf trug. Ich habe noch einen Mann gesehen, der im Siebenjährigen Kriege mit dabei gewesen war. Mit freundlichem Gruß. Braunschweig, 9. August 1906 Wilh. Raabe.

Wilhelm Raabes Schreibtisch.© Janina Snatzke

Im authentischen Arbeitszimmer des Schriftsteller können viele Einzelheiten in Augenschein genommen werden.

Hier ein Ausschnitt von Raabes Schreibtisch. Der Dichter hat allerdings eher an einem Stehpult gearbeitet, das seine Frau Bertha extra für ihn hat anfertigen lassen. Dieses Stehpult kann man im Museum Raabe-Haus in Augenschein nehmen.

In Braunschweig findet Wilhelm Raabe sehr bald Anschluss an unterschiedliche Vereine. Er schließt sich verschiedenen Männergesellschaften und Stammtischen sowie einem Familienklub an. Zwischen den einzelnen Klubs und Stammtischen besteht oft eine enge Mitgliederverbindung.

Videoclip: 'Stein'

Videoclip: 'Stein'© Stadt Braunschweig

Der Ausstellungsraum, der sich inhaltlich auf den Schriftsteller Wilhelm Raabe fokussiert. (Wird bei Klick vergrößert)

Der Ausstellungsraum, der sich inhaltlich auf den Schriftsteller Wilhelm Raabe fokussiert.© Janina Snatzke

Wilhelm Raabe gehört neben Theodor Fontane und Theodor Storm zu den bedeutendsten Realisten der deutschen Literatur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er verfasst rund 70 Romane und Erzählungen (Öffnet in einem neuen Tab).

Im Ausstellungsraum zum Schriftsteller wird gezeigt aus welchen Teilen sich Raabes Schriftstellertätigkeit zusammensetzt.

„Was für gute Ratschläge habe ich schon seit Beginn meiner schriftstellerischen Laufbahn, seit dem Erscheinen der Chronik bekommen ... Frische und Originalität werden nicht leichter vernichtet als durch die Befolgung guter Ratschläge. Ich fühle, dass ich noch Besseres leisten kann, als ich bis jetzt geleistet habe; aber ich kann zu diesem Besseren wie gesagt nur auf meinem eigenen Weg gelangen u das ist nicht die ausgetretene Heerstraße.“ Wilhelm Raabe, 1859. Wilhelm Raabe gehört neben Theodor Fontane und Theodor Storm zu den bedeutendsten Realisten der deutschen Literatur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Rund 70 Romane und Erzählungen entstehen während seiner Schriftstellertätigkeit, einige von ihnen besitzen weltliterarisches Format. Raabe entscheidet sich ganz bewusst für den Beruf des Schriftstellers.1856 veröffentlicht er unter dem Pseudonym Jakob Corvinus seinen ersten Roman „Die Chronik der Sperlingsgasse“, der von der öffentlichen Kritik seiner Zeit - auch von Friedrich Hebbel - begeistert aufgenommen wird. In Selbststilisierung benennt Raabe später den 15. November 1854 als Federansetzungstag. In seinem Erstlingswerk verknüpft Raabe virtuos verschiedene Erzähltechniken: Briefe, Erinnerungen, traumartige Rückblenden, Aufzeichnungen aus Vergangenheit und Zukunft. Wilhelm Raabe ist in erster Linie Autor von zahlreichen epischen Werken, in denen er immer wieder seine Zitier- und Verweiskunst unter Beweis stellt, sein lyrisches Schaffen dagegen dauert im Wesentlichen nur bis 1862. In seinen letzten Lebensjahren bezeichnet Raabe sich selbst als „Schriftsteller a. D.“ - er betreut nur noch die Neuauflagen seiner Werke.

Wilhelm Raabe 1892, porträtiert von dem Berliner Maler Hanns Fechner (1860-1931). (Wird bei Klick vergrößert)

Es gibt nicht viele Gemälde, die Wilhelm Raabe abbilden. Im Museum Raabe-Haus steht auf einer Staffelei in Raabes Arbeitszimmer ein Ölgemälde, das ihn im Jahr 1892 zeigt. Dieses Porträt stammt von dem Berliner Maler Hanns Fechner (1860-1931).

„Was mich persönlich betrifft, so habe ich mir mein ganzes literarisches Leben nur Mühe gegeben, objektive Dichtungen hinzustellen, habe aber nie die Absicht gehabt, durch Parteischriften den Tageslärm zu vermehren. Ich hoffe nicht, dass aus meinen Arbeiten eine solche Tendenzhaftigkeit hervorgeht, wie Sie darin zu finden meinen. Habe ich den, Hungerpastor´ geschrieben, so habe ich auch, Frau Salome´ ihr Recht in der Welt zuerkannt.“ Schon Ende der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts nimmt der Erfolg von Raabes Werken zu. Noch zu Lebzeiten bekommt der Schriftsteller die Anfänge der Raabe-Verehrung zu spüren. 1886 erhält er die Ehrengabe der Schiller-Stiftung, die 1894 in einen lebenslangen Ehrensold umgewandelt wird. Neuauflagen erscheinen, und das Interesse des Publikums an Raabe nimmt stetig zu. Bereits im November 1892 wird Wilhelm Raabe von dem Berliner Maler Hanns Fechner (1860-1931) porträtiert, der dadurch das Bild des Autors in der Öffentlichkeit prägt. Insbesondere rückt Raabes 70. Geburtstag 1901 in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Die Stadt Braunschweig veranstaltet im Saal des Altstadtrathauses eine offizielle Feier und überreicht den Ehrenbürgerbrief, den er ebenfalls von seiner Geburtsstadt Eschershausen erhalten hat. Die Universitäten Göttingen und Tübingen ernennen Raabe zum Ehrendoktor, hohe Ordensauszeichnungen schließen sich an, unter anderem Ehrungen des Königtums Bayern, des Großherzogtums Baden, des Königtums Preußen und des Herzogtums Braunschweig. Ebenfalls unter Anteilnahme einer großen Öffentlichkeit findet Raabes Beerdigung am 19. November 1910 statt. Nach einem Aufruf des Raabe-Verehrers Wilhelm Brandes wird 1911 die „Gesellschaft der Freunde Wilhelm Raabes“ in der Zeitschrift „Eckart“ gegründet. Die Zahl der Raabe-Denkmäler, -Erinnerungsmale, -Merkstätten und -Feiern steigt nach dem Tod des Dichters rasch an. Nicht immer stehen bei dem einsetzenden Erinnerungskult tatsächlich der Schriftsteller und der Versuch einer objektiven Annäherung an sein Werk im Vordergrund. Wilhelm Raabe wird immer mehr funktionalisiert. Besonders sein Roman „Der Hungerpastor“ wird zur Zeit des Nationalsozialismus bewusst ideologisierend missbraucht. Dieser Missbrauch erreicht seinen Höhepunkt, als die Raabegemeinde sich teilweise der „völkischen Ideologie“ anschließt. Dazu schreibt bereits 1989 der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Horst Denkler: „Diese Beförderung des Politischen ins Kultische mit ästhetischen Mitteln und auf Kosten der Ästhetik und ihres Repräsentanten Raabe haben die Nationalsozialisten auf die Spitze getrieben (Horst Denkler, 1989).“ Die Orientierungsphase der Raabe-Gesellschaft nach 1945 nimmt einen längeren Zeitraum in Anspruch, bis sie sich als ernst zu nehmende Forschungsinstitution neu etabliert werden kann. Im Zentrum der Forschung steht mittlerweile ausschließlich das Raabesche Werk. Das ist auch die Ausrichtung des Braunschweiger Raabe-Hauses als Ort der Erinnerung an das Leben des Schriftstellers und als Ort der kritischen Auseinandersetzung mit dessen Werk.

Kleinformatige Aquarelle und Zeichnungen vom Schriftsteller Wilhelm Raabe. (Wird bei Klick vergrößert)

Von seinem Selbstverständnis her sieht Wilhelm Raabe sich als Schriftsteller. Das Zeichnen bleibt für ihn ein Zeitvertreib. Überliefert sind vom Zeichner Raabe über 500 Aquarelle und Zeichnungen (Öffnet in einem neuen Tab).

Eine Auswahl davon sind im Museum Raabe-Haus ausgestellt.

Von seinem Eigenverständnis her sieht sich Raabe immer nur als Schriftsteller. Sein zeichnerisches Talent ist aber dennoch unverkennbar. Überliefert sind von dem Zeichner Wilhelm Raabe über 500 meist kleinformatige, auf Zetteln und Papierfetzen, Postkarten, Einladungen und Rechnungen angefertigte Aquarelle und Zeichnungen. Raabe zeichnet schon als Schüler. Sein Abgangszeugnis bescheinigt ihm im freien Handzeichnen einen Grad der Vollkommenheit, wie sie auf der Bildungsstufe, auf der er steht, eher selten ist. Das Zeichnen und Malen bleibt für ihn aber in erster Linie Zeitvertreib neben seiner literarischen Tätigkeit. Für die Öffentlichkeit produziert Raabe nie ein Bild, er erwägt auch nicht, seine Bücher von eigener Hand zu illustrieren. Der Zeichner Raabe folgt in Motivwahl und Technik stets seinen persönlichen Neigungen. Trotz vieler Vorbilder übernimmt er nicht einfach Bekanntes, sondern lässt aus eigener Phantasie seine Zeichnungen und Aquarelle entstehen. Eine erhebliche Anzahl der Zeichnungen stellen - neben figürlichen Darstellungen und den Landschaften - Motive aus kriegerischen Ereignissen der Raabeschen Vergangenheit und Gegenwart. Das letzte Erzeugnis des Schriftstellers ist bemerkenswerterweise kein Text, sondern eine Federzeichnung: Sie zeigt einen müden Krieger auf seinem Pferd, der einem Kreuz auf einer Anhöhe zustrebt.

Videoclip: 'Sonne'

Wilhelm Raabes Zeichenkasten. (Wird bei Klick vergrößert)

Wilhelm Raabe war schon als Schüler ein besonders guter Zeichner. Für die Öffentlichkeit hat er jedoch nie ein Bild gemalt.

Wilhelm Raabes Tochter Margarethe Raabe schreibt 1926: „Sollte er mir etwas zeichnen, so zeichnete er wohl gleich auf den Tisch; z.B. eine Katze mit Wasserstiefeln und Federhut. Darüber, dass Vater gleich allerlei Zeichnungen auf die Möbel kritzelte, geriet er natürlich in Zwiespalt mit Mutter.“

Tapete im Veranstaltungsraum des Raabe-Hauses. (Wird bei Klick vergrößert)

Über die aktuellen Projekte und Veranstaltungen des Raabe-Hauses informieren Sie sich bitte hier.

Ein weiterer Blick auf das Raabe-Haus. (Wird bei Klick vergrößert)

Besuchen Sie doch für intensivere Eindrücke nach telefonischer Absprache (Öffnet in einem neuen Tab) persönlich das Museum im Raabe-Haus. Wir freuen uns über Ihr Interesse.

Videoclip: 'Schlaf'

Ein Blick ins Raabe-Haus

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