Braunschweiger Mumme

Die Braunschweiger Mumme war bereits im Mittelalter bekannt. Die erste nachgewiesene Erwähnung ist eine Rechnung der Stadt, die auf das Jahr 1390 datiert ist. Dabei handelte es sich um die einfache Mumme, ein Bier mit hohem Malzgehalt, das zahlreiche Braunschweiger Brauereien herstellten. 1675 entstand die Segelschiff-Mumme, dickflüssig und mit verdoppeltem Alkoholgehalt, die im Gegensatz zur einfachen Mumme lange haltbar war und deshalb als Proviant auf Schiffsreisen diente.

Heute ist die Braunschweiger Mumme ein alkoholfreier Malzextrakt, der Speisen und Getränken eine würzige Note verleiht. Erhältlich sind die Segelschiff-Mumme sowie weitere Produkte mit dem traditionsreichen Malzextrakt unter anderem in der Touristinfo.

Braunschweiger Exportschlager

Braunschweig war im Mittelalter ein bedeutendes Handels- und Gewerbezentrum und seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in das Kaufmannsnetzwerk der Hanse eingebunden. Eines der wichtigsten Fernhandelsgüter war die Mumme, die zahlreiche Braunschweiger Brauereien herstellten. Über die Seestädte Bremen, Hamburg und Lübeck gelangte sie bis nach Skandinavien, England, Holland und Flandern, Russland und in die Ostseeländer.

Durch den hohen Alkohol- und Zuckergehalt war die Segelschiff-Mumme lange haltbar und so auch wichtiger Bestandteil der Verpflegung von Seeleuten auf ihren langen Reisen. Aufgrund des hohen Nährwertes beugte sie Skorbut und anderen Mangelerscheinungen vor. Die Schiffe transportierten sie über Holland bis nach Indien, in die Südsee, zu den westindischen Inseln und nach Mittelamerika. Die Mumme sei das einzige Bier, das unbeschadet über den Äquator transportiert werden konnte, schrieben Zeitgenossen:

„[Die Mumme] ist ein so haltbares Getränk, daß sie den Äquator, ohne irgend welche Änderung oder Verderbnis zu erleiden, ohne sauer noch kahmig zu werden, passieren und ohne Gefährde nach beiden Indien verschifft werden kann.“ (Quelle: Dr. med. Franz Ernst Brückmann: Mumia Brunsvicensium. 1736. In: Braunschweig Stadtmarketing GmbH, Gerd Biegel (Hrsg.): Das Braunschweiger Mumme-Buch. Geschichte und Rezepte. Braunschweig 2009)

Historische Postkarte Mummehaus© Stadtarchiv Braunschweig

Unbekannte Rezeptur

Über die genaue Rezeptur beider Mumme-Arten gibt es keine Aufzeichnungen, charakteristisch war der hohe Malzgehalt, der für die dunkelbraune Farbe und dickflüssige Konsistenz der Segelschiff-Mumme sorgte. 

Der Wolfenbütteler Arzt und Naturforscher Dr. Franz Ernst Brückmann, der 1736 eine Schrift über die Kunst des Bierbrauens veröffentlichte, vermerkte, die Mumme würde leicht zu Kopf steigen und ihn schwermachen. Doch viele Ärzte verschrieben sie aufgrund der nahrhaften Wirkung und der gesunden Zusammensetzung zur Behandlung von Krankheiten und zur Stärkung.

Die einfache Mumme wurde für den schnellen Verbrauch gebraut. Um die Haltbarkeit zu erhöhen, verdoppelten die Brauereien 1675 den Alkoholgehalt. Die so entstandene Segelschiff-Mumme war zähflüssig und süß und nicht zum Durststillen geeignet. Man servierte sie zum Beispiel statt Kaffee oder Tee zu einem Frühstück mit geräuchertem Schinken und Schlackwurst. Die Braunschweiger selbst tranken vor allem das helle Broyhan-Bier oder das dunkle Rotbier, die Segelschiff-Mumme war überwiegend für den Export bestimmt.

Historische Postkarte Mummehaus am Eulenspiegelbrunnen© Stadtarchiv Braunschweig

Geschichte und Legenden

Erstmals Erwähnung fand die Mumme 1390, als die Stadt Braunschweig einige Fässer auf einer Rechnung für ein Fest auflistete. Sie war aber nicht nur bei dem einfachen Volk beliebt, sondern auch bei den regierenden Herrschaften. 1425 übergab die Stadt dem Landgrafen von Hessen bei einem Besuch zwei Fässer als Geschenk.

Um die Mumme ranken sich zahlreiche Erzählungen und Legenden. Die lange verbreitete These, der Brauer Christian Mumme habe das Rezept für die Mumme erfunden beziehungsweise verbessert und damit auch dem Getränk seinen Namen gegeben, ist heute widerlegt. So liegt der Ursprung des Namens weiter im Dunkeln. Am abenteuerlichsten ist wohl die Vermutung, er erinnere an die Mumien, da die lange Haltbarkeit vergleichbar mit der einer ägyptischen Mumie sei.

Old Steger can© Braunschweig Stadtmarketing GmbH

Vom Bier zum Malzgetränk

Mit dem Niedergang der Hanse verlor Braunschweig und somit auch der Mumme-Handel wirtschaftlich an Bedeutung und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mehrten sich die Beschwerden über das Braunschweiger Bier. Die Brauer verfälschten den Geschmack durch die Zugabe verschiedener Inhaltsstoffe. Zudem zapften Fuhrleute, Zöllner und Schiffer die Fässer beim Transport an und füllten sie anschließend mit Wasser auf, um den Diebstahl zu vertuschen. Auch die Braunschweiger Gastwirte schenkten vermehrt Biere aus anderen Städten aus. Zudem wurde helles Bier immer beliebter, das durch neue Konservierungsmethoden nun ebenfalls länger haltbar war.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bekam man in Braunschweig unter dem Namen „Braunschweiger Mumme“ ein alkoholfreies Malzgetränk, das als Stärkungs- und Kräftigungsmittel besonders bei Koliken, Bauchschmerzen, Gicht und Zahnschmerzen helfen sollte.

Historische Postkarte: Mummehaus mit Schriftzug "Steger"© Stadtarchiv Braunschweig

Renaissance der Braunschweiger Spezialität

1880 gab es nur noch zehn Brauereien in Braunschweig. Nur zwei davon brauten weiter das Traditionsgetränk. Franz Steger musste schließlich die Produktion im Zweiten Weltkrieg einstellen, da er aufgrund des Rohstoffmangels nicht genügend Zutaten bekam. 1954 schloss er den Betrieb endgültig.

Nettelbeck advertisement© Nettelbeck / Braunschweig Stadtmarketing GmbH

Auch Nettelbeck musste 1944 die Brauerei vorübergehend schließen, nahm aber bereits 1949 die Produktion wieder auf. Leo Basilius, der Inhaber eines Lotterievertriebes, hatte das Rezept von den Erben der Familie Nettelbeck gekauft und setzte so die Brautradition fort. Als 1990 große Investitionen und eine Erneuerung der Produktionsanlagen notwendig wurden, endete auch bei Nettelbeck vorübergehend die Mumme-Produktion. Aber schon 1996 nahm das Traditionsunternehmen die Braukessel wieder in Betrieb. 

Auch heute noch in aller Munde

Heute ist die Braunschweiger Mumme ein alkoholfreier Extrakt, gebraut aus Malz und Wasser. Sie ist süß und zähflüssig und verfeinert mit ihrem würzigen Geschmack Speisen und Getränke. So verleiht sie Bier, Wurst, Käse oder Gebäck eine ganz besondere Note. Seit einigen Jahren darf Neubauers Braunschweiger Mummeleberwurst (Öffnet in einem neuen Tab) sogar das Label „Kulinarischer Botschafter Niedersachsen 2019“ tragen. Mittlerweile gibt es auch Kochbücher, mit denen die Braunschweiger Mumme ihren Weg in die heimischen Küchen findet.

Erhältlich sind die doppelte Segelschiff-Mumme sowie weitere Produkte mit dem traditionsreichen Malzextrakt unter anderem in der Touristinfo.

Neben der alkoholfreien Mumme bietet die Brauerei Nettelbeck (Öffnet in einem neuen Tab) heute wieder ein Mumme-Bier in Braunschweig an: gebraut nach alter Brautradition als obergäriges Bier kombiniert mit der „Original doppelten Segelschiff-Mumme“. Es hat eine Stammwürze von 15 % und einen Alkoholgehalt von 5,2 % Vol.

Traditionsveranstaltung mummegenussmeile in Braunschweigs Innenstadt

Jedes Jahr im November findet in der Braunschweiger Innenstadt die mummegenussmeile mit verkaufsoffenem Sonntag statt. Sie nimmt Besucherinnen und Besucher mit in die Welt der Braunschweiger Mumme: Braunschweiger Gastronominnen und Gastronomen bieten köstliche Kreationen rund um den Malzextrakt an und auf einem Spezialitätenmarkt können die Besucherinnen und Besucher Mumme-Produkte direkt vor Ort probieren oder mit nach Hause nehmen.

Quellen:

Christian Basilius: Die Mumme-Fibel der Mumme H. Nettelbeck K.G. Geschichte(n) seit 1390. Braunschweig 1999.

Braunschweig Stadtmarketing GmbH, Gerd Biegel (Hrsg.): Das Braunschweiger Mumme-Buch. Geschichte und Rezepte. Braunschweig 2009.

Christine von Blanckenburg: Die Hanse und ihr Bier. Brauwesen und Bierhandel im hansischen Verkehrsgebiet. Köln/Weimar/Wien 2001 (= Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte Band LI).

Ernst A. Roloff: Heimatchronik der Stadt Braunschweig. Archiv für Deutsche Heimatpflege, Bonn 1955, S. 175.

Gerd Spies: Das Mummetor Miszellen. Bd. 25. Städtisches Museum Braunschweig, Braunschweig 1976, S. 4.

Das in Natur- und Kunst-Sachen Neu-eröffnete Kauffmanns-Magazin, Hamburg 1708, p. 160; Oeconomischen Encyclopädie“ von 1773.

https://bs-mumme.de/#about (abgerufen am 17. Juli 2020).

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