Riddagshausen

Die Geschichte des Ortes Riddagshausen

Wappen von Riddagshausen

Entstehung des Ortes Riddagshausen

1143/44 stiftete der welfische Ministeriale Ludolf von Wenden oder Dalem sechs Hufe Land als Ausstattung für ein Zisterzienserkloster in Riddagshausen. Eine sächsiche Hufe entsprach 12 Hektar. Die ersten Gebäude wurden errichtet und im Jahr 1145 zog der Gründungskonvent, von Amelungsborn kommend, in das Kloster, das nach seiner Schutzheiligen Maria den Namen "Mariazelle" trug, ein.

Als die Zisterziensermönche ab 1145 daran gingen, die Sumpfniederung am Rande der Wabe zwischen Nußberg und Buchhorst urbar zu machen, fanden sie hier keine menschenleere Einöde vor, sondern eine schon bestehende dörfliche Siedlung, welche ihnen Herzog Heinrich der Löwe 1146 als "villam qui dicitus Ritdageshvsen", wohl benannt nach dem Grundherren Rikdag, mit allem Zubehör zur Erstausstattung mit Landbesitz und Arbeitskräften schenkte. Mit dem Besitz des Ortes nahm das Kloster auch dessen Namen an.

Aus dem Ortsnamen lässt sich ablesen, dass die Siedlung vermutlich schon zwei bis drei Jahrhunderte länger existiert haben muss. Gegründet wurde sie offensichtlich von einem Mann namens Ricdagus bzw. Riddagus; dieser Vorname war noch bis zum 12. Jahrhundert anzutreffen. Die Endung "-husen"(-hausen) für einen Ortsnamen jedoch war in dieser Gegend nur bis zum frühen 10. Jh. "in Mode" gewesen und wurde später durch Endungen wie z.B. "-roth" ("-rode") bzw. dann im 12. Jh. durch die Endung "-hagen" abgelöst.

Die Geschichte des Klosters Riddagshausen

Um 1216 wurde mit dem Bau des Kirchenneubaus begonnen, dessen Weihe im Jahr 1275 erfolgte. Vorbild der Riddagshäuser Klosterkirche war das Zisterzienserkloster Cîteaux in Burgund, wo der Orden entstanden war. Die Abteikirche besteht aus einem von Umgang und Kapellenkranz geschlossenen Chor, einem mäßig langem, dreijochigen Querhaus und einem dreischiffigen basikalen Langhaus im gebundenen System. Mit einer Länge von 86 m ist die Klosterkirche der längste Kirchenbau in Niedersachsen. Ihre Akustik stellt mit einer Nachhallzeit von 14 Sekunden besondere Anforderungen an die hier musizierenden Künstler. Keine andere Kirche weist eine längere Nachhallzeit auf; zum Vergleich seien hier St. Marien in Lübeck mit 10 s und der Kölner Dom mit 13 s zu erwähnen.

1305 erfolgte der Bau der Siechenkapelle. Der gesamte Klosterkomplex, die Wirtschaftsgebäude eingeschlossen, wurde von einer Mauer umgeben, von der noch Teile erhalten sind.

1569 erfolgte die Einführung der Reformation im Kloster Riddagshausen durch Abt Johannes Lorbeer. In seiner Zeit wurden die Verhältnisse wieder geordnet, das Kloster wieder aufgebaut, nachdem es von den Braunschweigern 1542 und 1550 sehr stark zerstört worden war. Lorbeer richtete auch die Klosterschule ein.

1655 wurden die Klostergüter der allgemeinen Klosterratsstube unterstellt, d.h. säkularisiert. 1690 richtete Abt Pestorf ein Predigerseminar ein, das 1809 aufgehoben wurde.

Im Hohen Chor befindet sich das Grab des Abtes Jerusalem, der bekanntermaßen auch der Begründer des Collegium Carolinum war. Sein Zusammentreffen mit Goethe am braunschweigisch herzoglichen Hof gab die Initialzündung für den Roman "Die Leiden des jungen Werther". Goethe beschrieb hierin die Lebensgeschichte des Sohnes des Abtes Jerusalem.

1856 - 83 wurde die Kirche unter Ahlburg und Wiehe renoviert, dabei wurden 1856 die Konventsgebäude abgebrochen. Weitere Einzelheiten zum Kloster Riddagshausen sind unter www.klosterkirche-riddagshausen.de zu finden.

Die Geschichte des Dorfes Riddagshausen

Anfang des 14. Jahrhunderts entstand außerhalb der Klosteranlage das Dorf Neuhof, das den heutigen Ortskern bildet. Vermutlich haben sich hier auch Bewohner der aufgelösten Bauernsiedlungen Ottenrode (am Südwestrand des heutigen Ortes Gliesmarode), Hünessen (am Lünischteich) und Kaunum (an der Wabe zwischen Riddagshausen und Schöppenstedter Turm gelegen) niedergelassen. 1605 gab es in Neuhof zwei große Ackerhöfe und acht Kothöfe, seit 1683 auch ein Rittergut. 1822 wurde Neuhof mit der Klosterdomäne zu einer Kirchengemeinde vereinigt. Von 1832 bis 1948 hatte die Familie Nehrkorn in vier Generationen die Domäne gepachtet.

1822 entstand die Gemeinde "Riddagshausen-Neuhof". 1915 erschien eine Veröffentlichung über die Pläne der "Gartenstadt Riddagshausen", die sich über den Bereich zwischen Gliesmarode bis hin zum Mastbruch und zum Schöppenstedter Turm erstrecken sollte.

Neuere Geschichte des Ortes Riddagshausen

Am 1. April 1934 wurde Riddagshausen - zusammen mit einigen anderen, bislang selbständigen Orten - in die Stadt Braunschweig eingemeindet. Gleichzeitig erwarb die Stadt Braunschweig durch den Casparivertrag vom "Kloster und Studienfonds" das Klostergut. Die am 31.03.1935 gegründete Hermann-Göring Stiftung übernahm das Naturschutzgebiet und errichtete in der Buchhorst beim "Grünen Jäger" den "Reichsjägerhof". Ab 1939 übernahm sie auch das Klostergut.

Während des 2. Weltkrieges griffen am 23.09.1943 irrtümlich englische Bomber, die eigentlich Rüstungsbetriebe in der Kralenriede treffen wollten, Riddagshausen. Neben Treffern im Naturschutzgebiet wurde auch besonders der Klostergutsbereich und dessen Umfeld getroffen. Im Schlaf kamen viele Bewohner der Arbeiterhäuser des Klostergutes ums Leben.

Nach dem Ende des 3. Reiches erhielt die Hermann Göring-Stiftung in "Jägerhofstiftung" umbenannt, die 1955 aufgelöst wurde. Das Naturschutzgebiet und das Gut Riddagshausen fielen wieder zurück an die Stadt Braunschweig, die das Gut bis 1968 in Eigenbewirtschaftung führte. Ab 1969 übernahm Karl Friedrich Osthoff das Gut und führte es bis zum Jahr 1980. Ab diesem Jahr übernahm die Volkswagen AG das gesamte Klostergutgelände und errichtet hier das V.A.G. Marketing Management Institut GmbH, wobei die alte Substanz weitgehend in den Um-/Neubau einbezogen wurde.

Seit 1968 engagiert sich die "Bürgerschaft Riddagshausen mit Freundeskreis e.V." - zunächst geleitet vom Unternehmer Richard Borek, später von dessen Sohn Henning - für den Erhalt und die Verschönerung des Ortsbildes. Insbesondere galt es die vom Einsturz bedrohte Klosterkirche zu sanieren und im Torbogenhaus des Klosters ein Zisterziensermuseum einzurichten. Aufgrund von Privatinitiative wurden 1968-1980 mehrere alte Bauernhäuser aus dem Braunschweiger Land in dem Bereich zwischen den Bächen Mittelriede und Wabe versetzt worden. Besonders imposant wirkt das Warbsenhaus, das im Jahr 1588 im Weserdorf Warbsen errichtet wurde. Daneben steht das Lewe-Haus aus dem Ort Lewe bei Liebenburg. Das Parsau-Haus wurde durch Zwischenbauten mit dem Wendeburg-Haus verbunden. Die Häuser aus Bergfeld und Hohnebostel runden das Ensemble ab.

Im September 1979 fand die feierliche Einweihung der von Remlingen auf die Lünischhöhe umgesetzten Bockwindmühle statt. Sie erhielt nach der letzten Braunschweiger Herzogin den Namen "Victoria Luise".

Mittlerweile bildet Riddagshausen zusammen mit den einwohnerstärkeren Ortsteilen Gliesmarode und Querum den Stadtbezirk Wabe-Schunter. In Riddagshausen wohnten im Oktober 2000 rund 700 Menschen. Prominenteste Bewohnerin des Ortes war jahrzehntelang die Herzogin Victoria Luise gewesen, die Tochter des letzten deutschen Kaisers Wilhelms II., die in der Bevölkerung äußerst beliebt gewesen ist. Sie starb 1980 im Alter von 88 Jahren.

Das Naturschutzgebiet Riddagshausen

Die ausgedehnte Teichlandschaft in Riddagshausen ist auf die Tätigkeit der Zisterziensermönche zurückzuführen, die die damals sehr sumpfige Gegend entwässerten und Fischteiche anlegten. Von den ehemals 28 Teichen existieren heute noch 11, wovon der Schapenbruchteich, der Mittelteich und der Kreuzteich die größten sind. An den Teichen findet man eine reichhaltige Tier- und Pflanzenwelt vor. Viele seltene Vogelarten sind hier zu Hause, von der Krickente bis zum Eisvogel, vom Zwergtaucher bis zur Rohrweihe.

Ab dem 19. Jahrhundert setzten sich viele Persönlichkeiten aus Braunschweig und Riddagshausen für den Erhalt des Teichgebiets in seiner ursprünglichen Natürlichkeit ein, so z.B. Prof. Dr. Johann Heinrich Blasius, der Studienrat Gerhard Schridde oder die Familie Nehrkorn vom Klostergut Riddagshausen. Den unermüdlichen Bemühungen des Braunschweiger Arztes Dr. Otto Willke war es zu verdanken, daß das Teichgebiet Riddagshausen 1936 zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Im Jahr 1965 erfolgte dann die Einstufung zum "Europa-Reservat".

Weiterführende Informationen zum Naturschutzgebiet Riddagshausen, den Rangern und den hier angebotenen Führungen finden Sie auf der Internetseite "Naturschutzgebiet Riddagshausen".

 

Folgende Quellen wurden verwendet:

  • Werner König [1968]: Dtv-Atlas zur deutschen Sprache; Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, S. 129 -131 Hermann Klienau [1968]: Geschichtliches Ortsverzeichnis der Landes Braunschweig; August Lax, Verlagsbuchhandlung Hildesheim, S. 100
  • Werner Flechsig [1975]: Herkunft und Bedeutung der Ortsnamen; in: 700 Jahre Riddagshausen, herausgegeben von der Bürgerschaft Riddagshausen, Braunschweig 1975, S.26-30.
  • Otto von Frisch [1975]: Gedanken um eine kleine Graugans; in: 700 Jahre Riddagshausen, herausgegeben von der Bürgerschaft Riddagshausen, Braunschweig 1975, S. 103-108.
  • Peter Giesau [1992]: Riddagshausen (Kloster und Kirche); in: Braunschweiger Stadtlexikon, herausgegeben von Luitgard Camerer, Manfred R.W. Garzmann u. Wolf-Dieter Schuegraf, Joh. Heinr. Meyer Verlag Braunschweig, 1992, S. 193.
  • Bernd Jericho [1992]: Riddagshausen; in: Braunschweiger Stadtlexikon, herausgegeben von Luitgard Camerer, Manfred R.W. Garzmann u. Wolf-Dieter Schuegraf, Joh. Heinr. Meyer Verlag Braunschweig, 1992, S. 192-193.

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