Waggum
Vom Bauerndorf zum lebens- und liebenswerten Ortsteil am Stadtrand von Braunschweig
Waggum liegt in vorgeschichtlich besiedeltem Gebiet und wurde im Jahre 1007 als "Wagken" erstmalig in einer Urkunde erwähnt.
Ein Dorfbach führte einst das Wasser einer Quelle, die "Taufe" genannt wurde. Dieser Bach floss in den nördlich gelegenen Beberbach, der in Bienrode in die Schunter fließt. Im Flur- und Dorfbereich trennte dieser Dorfbach die Herrschaftsbereiche zwischen Graf Altmann und derer von Wenden aus dem Geschlecht der Liudolfinger.
Waggum war in der Entstehungszeit ein Einwegedorf und danach durch Zuzug aus den Wüstungen Rabenrode, Wöhrden und Nordendorf ein Zweiwegedorf (12. - 15. Jh.) und ab dem 19. Jh. ein Haufendorf.
Erst am Anfang des 18. Jahrhunderts (1706) kam Waggum, zusammen mit Bienrode und Bevenrode, im Wege eines Gebietstausches vom Fürstentum Lüneburg zum damaligen Herzogtum Braunschweig.
Bis 1754 hatte es keine unterbäuerliche Schicht und nur 120 Einwohner. Das änderte sich in der 2. Hälfte des 18. Jh., als durch Regierungsmaßnahmen Brinksitzer und Anbauern angesiedelt wurden. Die Zahl der Einwohner stieg damit auf 275 im Jahr 1821. Nach der Verkuppelung der Gemarkung 1880 und dem Beginn des Spargelanbaus auf der sandigen Moränenfläche um 1890 kamen zumeist Handwerker nach Waggum. Sie pachteten ein paar Morgen Spargelland und kamen so zu einer zusätzlichen Nebeneinnahme. Damit stieg die Einwohnerzahl bis 1905 auf 411 an.
1934 kaufte das Reichsluftfahrtministerium den im Südwesten liegenden Flugplatz Broitzem mit dem Ziel, diesen ausschließlich militärisch zu nutzen. Stadt und Land Braunschweig wurde auferlegt, einen neuen Verkehrsflughafen zu bauen. Die dafür erforderliche Fläche von 500 Morgen Land fand man in der Waggumer Gemarkung dadurch ging der Nebenerwerb vieler Spargelanbauern verloren. Ausgleich bot sich durch Vollerwerbstätigkeit auf dem Flugplatz oder beim Autobahnbau.
Am 27.5.1936 nahm der neue Flughafen Braunschweig-Waggum als Verkehrsflughafen 1. Ordnung seinen Betrieb auf.
1939 erwarb die Gesellschaft für Industriegrundstücke gegenüber dem Flugplatzempfangsgebäude am Dorfausgang, in Richtung Bienrode, weitere Ackerflächen zum Bau von Flugzeugfertigungshallen.
Nach dem II. Weltkrieg stellte die Gemeinde Waggum neue Bebauungspläne auf. Flächen, auf denen einst die Flugzeugwerke standen, die von den Engländern gesprengt worden waren, sollten mit Einzelwohngebäuden nebst kleinen Stallungen sowie im Geschosswohnungsbau besiedelt werden. Zwar ging durch die Dorferweiterung weiteres Ackerland verloren, jedoch entsprach dies schon damals der nachlassenden Bedeutung der Landwirtschaft in der Volkswirtschaft. Durch das erst vor wenigen Jahren geschaffene Baugebiet "Rabenrodestraße Nord" sowie weiterhin durch das in der Planung befindliche Baugebiet "Waggum Nord" wurde bzw. wird weiterer Wohnbedarf gesichert, vor allem für Familien im Umkreis der Arbeitsplätze im und am Forschungsflughafen. Neben Toulouse in Frankreich handelt es sich um den größten und wichtigsten Forschungsflughafen Europas, der in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität und den angesiedelten Forschungseinrichtungen hochwertige Arbeitsplätze für Braunschweig und die ganze Region zwischen Harz und Heide sichert.
Nachdem Hans-Otto Eggeling in den Ruhestand wechselte, existieren seit 2004 nur noch drei landwirtschaftliche Vollerwerbshöfe (Henning Weber, Friedhelm Warnat und Günther Cordes). Insofern ist Waggum ein Beispiel für den Wechsel von einem bäuerlich geprägten Dorf hin zu einer bürgerlich geprägten Einwohnerschaft, die überwiegend in einer Forschungs-, Dienstleistungs- und Industriegesellschaft ihrer Erwerbstätigkeit nachgeht. Dem dörflichen und geselligen Miteinander hat dies überhaupt nicht geschadet. Dies belegen die zahlreichen aktiven Vereine und das jährliche Volksfest, im fünfjährigen Ausrichterwechsel getragen von der Freiwilligen Feuerwehr und vier leistungsfähigen Vereinen (Männergesangverein, Schützenverein, Siedlergemeinschaft und Sportverein). Alle zahlreichen ehrenamtlichen Aktivitäten werden von einer ausgezeichnet arbeitenden Vorstandsgemeinschaft der Waggumer Vereine koordiniert. Dank guter Infrastruktur kann insgesamt resümiert werden, dass Waggum auch heute noch ein lebens- und liebenswerter Ortsteil von Braunschweig ist
Hans-Georg Reichelt