Siegfried Neuenhausen: Bruchstück Mensch
13. August bis 10. November 2024, Haus am Löwenwall
Siegfried Neuenhausen (Jg. 1931) zählt seit den 1960er Jahren zu den international renommierten zeitgenössischen Künstler:innen. Seine Werke sind gesellschaftskritisch, ironisch, bisweilen drastisch und gerade auch vor politischen Hintergründen höchst aktuell. Neuenhausen bezieht sich in seinen Werken auf gesellschaftlich isolierte Menschen, Migrant:innen und politisch Verfolgte. Er veranschaulicht existenzielle Gefährdungen, charakterisiert Menschen als bedroht und zerbrochen, zeigt so das Bruchstück Mensch.
1964 wurde Siegfried Neuenhausen als Professor an die Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig berufen. Im Braunschweiger Stadtbild ist Siegfried Neuenhausen seit 1981 durch seine großformatige Skulptur „Katzenstele“ unmittelbar präsent.
Das Städtische Museum Braunschweig verfügt über eine große Sammlung von Gemälden, Skulpturen und Graphiken des Künstlers. Durch eine großzügige Schenkung Siegfried Neuenhausens wurde der Bestand an Graphiken, Aquarellen und Zeichnungen 2023 um mehr als 80 Werke erweitert. Ausgehend von der Schenkung, präsentiert das Städtische Museum Braunschweig eine Ausstellung, die einen Überblick über das facettenreiche Schaffen Neuenhausens von den frühen 1960er Jahren bis heute gibt.
In der Ausstellung sind schwerpunktmäßig Druckgraphiken zu sehen. Hervorzuheben sind die aus den 1970er Jahren stammenden Radierungen aus dem Mappenwerk „Goya-Variationen“. In diesen Blättern greift Neuenhausen auf Blätter von Francisco de Goya zurück, um politische und gesellschaftliche Problemstellungen zu veranschaulichen.
Ausgestellt werden aber auch bekannte Offsetdrucke wie beispielsweise „Juan Borges de Souza“ oder „Mann in Kiste“, eine Arbeit, die den verhüllten Kopf eines Menschen in einer einfachen Obstkiste zeigt und so die Anonymität politisch Verfolgter – die zum Bruchstück Mensch werden – zum Ausdruck bringt.
Auch die Porträt-Plastik von „Hortense David“ verbindet historischen Rückblick und politische Fragen. Die Französin Hortense David war eine Bürstenmacherin, die nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und dem Sturz Napoleons III. in die Barrikaden-Kämpfe gegen die königstreue Regierung verwickelt war. Die Kämpferin wurde am 16. April 1872 zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt und dient Neuenhausen als Beispiel für Freiheitskämpfe, die auch noch in der Gegenwart ausgefochten werden müssen.
Die Ausstellung wird durch ein facettenreiches museumspädagogisches Programm mit Führungen, Vorträgen und druckgraphischen Workshops erweitert.
Begleitend zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Katalog mit einführenden Texten in die einzelnen Kapitel und Aufsätzen.