Humboldtstraße 31a und 31b - Depot der Lochschienen Pferdebahn
Vor 140 Jahren am 11. Oktober 1879 fand die Eröffnung der Lochschienenpferdebahn vor dem al-ten Bahnhof auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz statt.
Der Rat der Stadt Braunschweig hatte 1878 mit der Firma James Lesly Walker aus London die Verhandlungen aufgenommen. Diesem war offensichtlich daran gelegen, in Braunschweig sein Lochschienensystem Edge auszuprobieren, um eine Referenzstrecke für Vergabe weiterer Konzessionen zu bekommen und diesem mo-dernen im gleichen Jahr auf der Weltausstellung in Paris präsentiertem System zunächst in London und dann in ande-ren Städten zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Lochschiene war eine auf der Oberseite geriffelte Hohlschiene von 16,5 cm Breite, die auf der Lauffläche mit Löchern (rund oder oval) von ca. 3 cm Durchmesser und ca. 12,5cm Abstand versehen war. In diese Löcher sollten nun einseitig die Zapfen der Räder greifen, um die Wagen in der Spur zu halten. Der Vorteil, den sich Braunschweigs Stadtväter versprachen, lag in der bündigen Oberfläche dieses Systems in den engen Braunschweiger Gassen gegenüber den heute noch verwendeten Rillenschienen. Den schmalen Gassen war auch die als Kompromiss vorgesehene relativ schmale Spurbreite von 1,1 m zu verdanken, die in Deutschland nur noch in Lübeck und Kiel An-wendung gefunden hat.
Nach einer damaligen Verordnung durften nachts die Fahrzeuge nicht auf der Straße verbleiben. Also mussten die Wagen irgendwo im Bereich der Strecke untergebracht werden. Das geschah auf der Straße „Am Fallersleber Tore“ Die Straße reichte auf den alten Stadtplänen noch bis zur Gliesmaroder Straße, endete nicht wie heute an der Oker. 1904 wurde ein Wohnhaus an Stelle des früheren Wagenschuppens der Straßenbahn auf dem Kasernengelände im östlichen Ringgebiet errichtet, Es existiert noch heute, nur hat es jetzt die Hausnummern Hum-boldtstraße 31a und 31b. Für die Schlichtheit spricht, dass die Wagenhalle mit „Schuppen“ bezeichnet und später von der Rillenschienenpferdebahn nicht mehr genutzt wurde. Diese baute neue Depots am Hohetor und Richmond. Das nördlich der Infanteriekaserne gelegene Viereck auf dem Plan von Ludwig Winter ist die stadteigene Fläche für den Wagenschuppen der Lochschienenbahn.
Das Intermezzo der Lochschienen Pferdebahn dauerte nicht einmal zwei Jahre. Am 30.04.1881 entzog der Rat der Stadt der Gesellschaft die Konzession aufgrund technischer Probleme und beauftragte eine andere Firma, die die Bahn auf die gebräuchlichen Rillenschienen umrüstete. Zu dieser Zeit entstand die so genannte Trambahn-Polka des Komponisten G.Rau.
Braunschweiger Trambahn – Polka von G. Rau
Was uns hier in Braunschweig fehlte
War die Pferdeeisenbahn.
Lange man die Menschen quälte
Mit dem Omnibusgespann.
Jetzt sitzt man auf weichen Kissen
Heiter auf der Pferdebahn.
Wird nicht hin- und hergerissen,
wie im Omnibusgespann.
Und man braucht nicht mehr zu za-gen,
dass zur Fahrt man kommt zu spät,
alle Augenblick ein Wagen
schnell mit uns von dannen geht.
Heil dem Mann, der sie uns legte
Hoch dem Mann, der sie ersann,
dreimal hoch das Unterneh-men
dreimal hoch die Pferdebahn.
Aber ach! nach wenig Tagen
Stellt man schon die Fahrten ein,
Und in Braunschweig hört man fragen:
"Saget, nur, was kann da sein"?
"Ausgesetzt!" lacht der Philister,
(Still er eine Priese nahm,)
"Sagt's ja schon (und dabei niest er)
"Diese Sache scheint mir lahm.“
Auch will mir's nicht sehr gefallen,
Dass man jetzt, wie öfter schon,
Ohne alle Rücksicht machte
Braunschweig zur Probierstation .
Doch es wird nach vierzehn Tagen
Eine neue Fahrt gewagt,
Und es geht, nachdem am Wagen
Eine Deichsel angebracht.
Nun darf man auch nicht mehr klagen,
Leicht und sicher fährt sich‘s jetzt;
Nur noch selten hört man sagen,
Dass der Wagen ausgesetzt.
Und viel besser ist's, wie vormals
Bei dem Omnibusgespann,
Darum "Hoch das Unternehmen!
Dreimal Hoch die Pferdebahn!“