Östliches Ringgebiet

Ein Stadtquartier aus der Kaiserzeit

Östliches Ringgebiet oder Stadtbezirk 120: welch ein prosaisch klingender Name für eines der beliebtesten Wohnquartiere Braunschweigs! Im Westen wird es umgeben von der Okerumflut mit Theater- und Museumspark, im Osten wird es von der Mittelriede begrenzt, den Stadtpark, Nußberg und Prinz-Albrecht-Park, ja sogar noch die Bockwindmühle nahe Riddagshausen einschließend.
Noch über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus eine ländliche Idylle vor den Toren im Osten der Stadt, hatte sich im Zuge der Bevölkerungsexplosion während der Industrialisierung dieses Gebiet um 1900 schnell zu einem in jeder Hinsicht blühenden Stadtviertel entwickelt. Noch heute ist an der Architektur, aber auch an vielen Straßennamen die Entstehung des Stadtviertels in der Kaiserzeit zu erkennen.

Die Kaiser-Wilhelm-Straße, heute Jasperallee

Jasperallee: Tillsche Haeuser© (Foto: G. Wittwer)

Im Zentrum des östlichen Ringgebietes zieht sich vom Staatstheater über den Hagenring durch den Stadtpark bis zum Franzschen Feld die herrliche Jasperallee, die bei ihrer Entstehung um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert den Namen Kaiser-Wilhelm-Straße trug. Sie war eine prächtige Allee, von ihrem Planer Stadtbaurat Ludwig Winter gedacht als Wohngebiet für das reiche Bürgertum.
Das Östliche Ringgebiet war aber nicht nur ein Wohnquartier des Großbürgertums. In den parallel zur Kaiser-Wilhelm-Straße (= Jasperallee) verlaufenden Straßen fanden Angehörige der Mittel- und Unterschicht ihre Wohnung.

Zeugnisse der Industrialisierung im Östlichen Ringgebiet

Wasserturm auf dem Giersberg© (Foto: G. Wittwer)

Ein reges Gewerbeleben kennzeichnete das Stadtviertel. Die Konservenindustrie stand hier in Blüte, Firmen wie Natalis, Grimme & Co mit Produkten von Weltruf (Rechenmaschine Brunsviga) oder der Verlag George Westermann hatten hier ihren Sitz. Als Zeugnis hervorragender Ingenieurskunst erhebt sich auf dem Giersberg der Wasserturm. Gewissermaßen das weithin sichtbare Wahrzeichen des Östlichen Ringgebietes. Ein deutschlandweit einzigartiges Industriedenkmal aus der Kaiserzeit.

Das östliche Ringgebiet heute

Gaststätte Expertise: ehem. Molkerei (Ecke Wiesenstraße)© (Foto: G. Wittwer)

Noch heute verfügt das Östliche Ringgebiet über eine ausgezeichnete Infrastruktur. Immer noch gibt es viele kleine Gewerbetreibende und – nicht zu vergessen – eine vielfältige Gastronomie und Kneipenszene, die für jeden Geschmack etwas bereithält. Ein Spaziergang durch das Östliche Ringgebiet lohnt sich nicht nur wegen der schönen Parks. Denn obwohl Kaisers Zeiten vorbei sind und manches einst prächtige Haus im 2. Weltkrieg zerstört wurde, kann man nichtsdestoweniger noch vieles hier sehen und entdecken: Manches Haus bietet einen Abglanz des großbürgerlichen Lebens der Kaiserzeit, man findet Zeugnisse von Gewerbefleiß und Ingenieurskunst, aber auch von Bürgersinn und sozialem Engagement.

Gedenkstätte Hochstraße: Kreuze für ermordete Säuglinge osteuropaeischer Zwangsarbeiterinnen© (Foto: G. Wittwer)

Auch die nationalsozialistische Herrschaft hat ihre traurigen Spuren im östlichen Ringgebiet hinterlassen (Gedenkstätte Friedhof Hochstraße).

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