Marienstraße 52 - Strohhalm
DAS Braunschweiger Künstlerlokal: “Der Strohhalm“
Lang, lang ist es her, dass sich Braunschweiger Künstler unter dem Namen Cafè Bohème zusammenfanden, um nach den Schrecken des Krieges wieder den schönen Künsten zu huldigen.
In einer Privatwohnung trafen sich unter anderem der Maler und Graphiker Gert Burtchen, die Malerin Charlotte Wilke-Gmelin, der Maler und Fotograph Heinrich Heidensberger und der Maler und Schriftsteller Peter Lufft.
In Folge dieser Zusammenkünfte eröffnete das Ehepaar Zenbiusz Messing (Siggi) und seine Frau Gertrud (Puppa) - unterstützt von den Teilnehmern des Cafe Bohème - das Künstlerlokal „Der Strohhalm“ im Erdgeschoss des Hauses Marienstraße 52 vor 73 Jahren. Namensgeber des Lokals war der Schauspieler Alfred Hansen.
Hinter der Theke der Bar war das Revier von Mally Wilke, der Witwe des Karikaturisten Rudolf Wilke.
Wer die Marienstraße entlangging, vermutete hinter der von einer Laterne beleuchteten kleinen Pforte kein Lokal mit behaglichen Räumlichkeiten.
„Als Treffpunkt der Künstler, Journalisten, Schriftsteller und deren für Kunst und Künstler interessierten Gäste ist „der Strohhalm eines der apartesten Lokale in Deutschland. Viele berühmte Namen von Bühne und Film in den von Zeichnungen und Widmungsfotos illustrierten Gästebüchern geben Zeugnis von den interessanten Besuchern dieses einzigartigen Künstlerklubs“. (Auszug aus einem Braunschweigführer) - soviel zum Bekanntheitsgrad.
1955 wechselte der Strohhalm in die Räumlichkeiten am Ritterbrunnen. Am neuen Standort entwickelte sich die Kneipe noch stärker zum überregionalen Treffpunkt.
Gäste waren unter anderem: Gustav Knut, Hansjörg Felmy, Hans Albers, Rudolf Forster, Cornelia Froboess, Hans Lothar, Hildegard Knef, Claus Peymann, Anneliese Rothenberger, Vera Tschechowa, Vico Torriani, Paula Wessely und Karl Heinz Vosgerau.
Bekannt und beliebt waren die Lumpenbälle.
Ein Lumpen- oder Fetzenball war eine traditionelle Abendveranstaltung während der Karnevalszeit. Besonderes Merkmal eines Lumpenballs ist, dass die Besucher zwar ähnlich einem Kostümball verkleidet erscheinen, allerdings handelt es sich bei den Kostümen meistens um zerschlissene, abgetragene Kleidung.
Im Laufe der 60er Jahre verlor „der Strohhalm“ - wohl auch als Folge der 68er Bewegung - mehr und mehr seine Klientel. Das Ehepaar Messing gab daher die Bewirtschaftung 1969 auf.
Der neue Pächter Günter Lindhorst öffnete unter dem gleichen Namen, aber mit Zielsetzung auf ein jüngeres Publikum das Lokal. Zu diesem Zwecke rüstete er die Räumlichkeiten um und versah es mit Stehtischen. So trafen sich hier nur noch selten Künstler, aber immer häufiger Studenten und Schüler der umliegenden Gymnasien 1980 schloss „der Strohhalm“ dann endgültig.