Straßennamen im Östlichen Ringgebiet

Auf der Suche nach der Herkunft „unserer“ Straßennamen: vom Gliesmaroder Fußweg zur Schwanbergerstraße

Die Straßennamen sind für uns heute eine selbstverständliche Orientierungshilfe, aber das war nicht immer so. Noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag das Östliche Ringgebiet vor den Toren der Stadt. Das Weichbild Hagen (gegründet von Heinrich dem Löwen um 1160) hatte aber schon im 14. Jahrhundert ein zwischen der Gliesmaroder Straße und der Husarenstraße gelegenes Bruchgebiet, den so genannten Hagenbruch zur Wasserversorgung über den Jödebrunnen in der Wiesenstraße erworben und auch als Viehweide und Gartenland genutzt. Aber erst nach Schleifung der Befestigungsanlagen zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann eine allmähliche Besiedelung der östlichen Außenstadt. Die heutige Kastanienallee war damals nichts anderes als ein von Weiden gesäumter namenloser Weg zu den Schutzhütten der Viehhirten vom Altewiek.

Die drei vorhandenen Ausfallstraßen Helmstedter Straße, Riddagshäuser Fahrweg (Georg-Westermann-Allee) und Berliner Heerstraße erhielten die Zielbezeichnungen als Namen. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die kleineren Garten- und Feldwege außerhalb des Okerumflutgrabens in das Verzeichnis der Stadt Braunschweig aufgenommen und erhielten Namen nach an diesen Stelllen vorhandenen Besonder- und Gegebenheiten wie Kastanien, Kasernen, Bruch, Giersberg und Hopfen.

Von 1858 bis 1889 hat sich die Einwohnerzahl Braunschweigs mehr als verdoppelt; folglich wurde auch unser Wohnbezirk immer mehr besiedelt und mit zusätzlichen Straßen erschlossen, die nun jeweils dem Zeitgeist entsprechende Gruppennamen erhielten, um sie besser einordnen zu können. So tauchen nach der Gründung des Kaiserreichs 1871 erstmals Namen aus Braunschweigs Herrschergeschlecht auf.

Der Gliesmaroder Fußweg wurde nach Herzog Karl umbenannt. Auch Marienstraße (Frau vom Schwarzen Herzog) und Heinrichstraße entstanden zur damaligen Zeit. Bei letzterer galt lange Herzog Heinrich der Jüngere (1514-1568) als Namensgeber, was allerdings in jüngster Zeit angezweifelt wird.

Im Hinblick auf den von Herzog Karl 1751 eingeweihten Transportkanal vom Botanischen Garten zu den Flüssen Wabe, Schunter und Aller wurden die südlich der Karlstraße entstandenen Straßen nach eben diesen benannt.

Im mittleren Bereich des Östlichen Ringgebietes versperrte allerdings der herzogliche Küchengarten eine Erschließung aus der Innenstadt, Herzog Wilhelm sträubte sich nämlich gegen einen Verkauf. Erst nach seinem Tode 1884 stimmte sein Nachfolger, der Preuße „Prinz Albrecht Regent“, einer Veräußerung zu und etwa 1888 konnte mit einer Bebauung begonnen werden. Die Planung des Stadtbaurates Ludwig Winter bildete die Grundlage für die Erschließung dieses bisher noch unbebauten Gebietes im Osten der Stadt. Viele der vorhandenen Straßen wurden begradigt oder verschwanden ganz (z. B. Brunnenstraße, südliche Jasperallee).

Als zentralen Zugang zur Innenstadt ließ Winter nach dem Preußischen Vorbild von „Unter den Linden“ in Berlin  die Kaiser-Wilhelm-Straße (Jasperallee) und im Eingangsbereich die mit Bronzefiguren verzierte Kaiser Wilhelm Brücke (Theaterbrücke) bauen.

Die Straßen in diesem Bereich wurden nun nach Braunschweiger Heerführern benannt (Ziethen, Olfermann, Korfes, Dörnberg, Schill und Berner), sowie nach Preußischen Persönlichkeiten (Bismarck, Moltke und Blücher).

Um 1911 entstand im Bereich der Uhlandstraße ein komplettes Dichterviertel (Raabe, Schiller-, Goethe-, Herder- und Griepenkerlstraße) und etwas später im Bereich der Gliesmaroder Straße ein Musikerviertel mit (Beethoven-, Mettfessel-, Mozart-, Richard Wagner Straße). 

Im „Morgenland“ (zwischen Husaren- und Marienstraße), einer SPD Hochburg, kam es in der Weimarer Republik zu politisch motivierten Umbenennungen; die Herzogin-Elisabeth-Straße zur Friedrich-Engels-Straße, die Rosenstraße zur Liebknechtstraße, die Husarenstraße zur Bebelstraße. Die Marienstraße hieß schon ab 1918 Lassallestraße. Sogar die etwas entfernt gelegene Kaiser-Wilhelm-Straße wurde zur Friedensallee umbenannt.

Nicht überraschend erfolgte in diesem ‚sozialistischen’ Viertel unter der Nazi-Herrschaft die Rückbenennung in die Zeit vor 1914; die neu geschaffene Verbindung vom Stadtpark zum Reichsjägerhof in Riddagshausen wurde zur Herrmann-Göring-Allee. 

Zur Unterbringung von Luftwaffenangehörigen wurde in unmittelbarer Nachbarschaft zum Luftwaffenkommando ein neues Wohnviertel errichtet. Seine Straßen erhielten Namen von Kampffliegern des ersten Weltkrieges (Richthofen, Immelmann, Bülow, Tutschek). Im Volksmund wurde es deshalb auch zum Fliegerviertel. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden diese Straßen Malern zugeordnet und das Viertel als Malerviertel bezeichnet.

Im Zuge der Eingemeindung 1974 kam es zur Namensgleichheit einiger der Straßen im neuen Stadtgebiet. Bei den erforderlichen Umbenennungen hat man sich stets bemüht die Namensänderungen weiterhin den umliegenden Straßen anzupassen. Das gilt auch für die neuen Straßen im Zuge einer Bebauungsverdichtung.

Im Musikerviertel gelegen, hat deshalb die Straße im Baugebiet Langer Kamp (auf dem ehemaligen Krankenhausgelände), den Namen des Braunschweiger Hofkapellmeisters und Komponisten Johann Gottfried Schwanberger (1737-1804) erhalten. 

Wie schon von der Presse mitgeteilt, werden Zug um Zug auch in unserem Stadtteil den Straßennamen Ergänzungsschilder hinzugefügt. Es lohnt sich hier und dort innezuhalten, um sich mit dem Hintergrund der Personen- oder Ortsbeschreibungen näher zu befassen. Auch so wird Stadtgeschichte geschrieben.

 

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