Ausgewählter Entwurf von patricia kaersenhout

Aus den allesamt wirkungsvoll gestalteten und überzeugend konzipierten Entwürfen der teilnehmenden Künstler:innen Jeannette Ehlers (*1973 in Dänemark), Satch Hoyt (*1957 in London), patricia kaersenhout (*1966 in den Niederlanden), Gladys Kalichini (*1989 in Sambia), Samuel Baah Kortey (*1994 in Ghana) und Anike Joyce Sadiq (*1985 in Deutschland) wählte das Fachkuratorium den Entwurf Liberating the Monument von patricia kaersenhout zum Gewinnerentwurf.

Begründung des Kuratoriums

patricia kaersenhouts Entwurf überzeugt besonders durch seine Qualität auf künstlerische wie auch inhaltliche Weise. Mit ihrer geplanten Installation gelingt ihr eine souveräne Einbettung des bestehenden Denkmals unter Berücksichtigung der städtischen und landschaftlichen Umgebung. Sie denkt Monumentalität neu und schafft eine Kontextualisierung, die weit über die Idee einer skulpturalen Setzung als Gegenentwurf hinausgeht. Die sinnliche und ästhetische Überzeugungskraft des Materials reizt zur Auseinandersetzung. Sie fordert zum Spiel mit Reflexionen im vielfachen Sinn heraus und erzeugt Kommunikation zwischen Werk und Betrachtenden. Im Nähertreten werden Namen lesbar, die für die verschütteten und bewusst gelöschten Biografien von Held:innen des Widerstandes aus ehemals kolonisierten Gebieten stehen. Durch die Abrufbarkeit der individuellen Geschichten per QR Code wird die Möglichkeit einer Vertiefung erzeugt: So können sich Interessierte mit den Geschichten auseinandersetzen, deren Anzahl im Digitalen unendlich erweiterbar und unabhängig vom Denkmal abrufbar ist. Patricia kaersenhout regt mit ihrem Entwurf einen Diskurs an, der neue Wege im Umgang mit Erinnerungskultur als Form des Empowerments widerspiegelt.

Der Gewinnerentwurf: Liberating the Monument

Mit ihrem Vorschlag lädt die Künstlerin dazu ein, über neue Sichtweisen nachzudenken und so die blinden Flecken im Kulturarchiv einer Kolonialgeschichte sichtbar zu machen. Namen von Widerstandsheld:innen, die gegen die deutschen Kolonialbesatzer:innen gekämpft haben und deren Biografien aus Angst vor entstehendem Held:innenstatus vollkommen getilgt wurden, werden in schwarzen Granit graviert. Als erhöhte Plattform umgibt das glänzende Gestein an Grabplatten erinnernd das bestehende Denkmal, welches darin als Spiegelung sichtbar ist. Mehrere aufrechte Spiegel aus schwarzem Hartglas umgeben das Denkmal und spiegeln dieses ebenfalls ausschnittsweise. Mit dem Rücken zum Denkmal können Besucher:innen so einen Blick in die Vergangenheit werfen, ihre eigene Position hinterfragen und eine mögliche Zukunft mit neuen Augen betrachten. Gleichzeitig sind die Geschichten der Widerstandsheld:innen über QR-Codes abruf- und hörbar. Diesen wird darüber hinaus ein breiterer historischer Kontext verliehen und das Publikum wird als aktive Zuhörer:in eingebunden.

© patricia kaersenhout
© patricia kaersenhout
© patricia kaersenhout
© patricia kaersenhout

patricia kaersenhout

Als Tochter surinamischer Eltern wurde die bildende Künstlerin und Aktivistin patricia kaersenhout 1966 in Den Helder in den Niederlanden geboren. In ihrem künstlerischen Werdegang untersuchte sie immer wieder ihren surinamischen Hintergrund in Bezug auf ihre Erziehung in einer westeuropäischen Kultur. Der politische Faden ihrer Praxis wirft Fragen über die Bewegungen der afrikanischen Diaspora und ihre Beziehung zu Feminismus, Sexualität, Rassismus und der Geschichte der Sklaverei auf. Sie betrachtet ihre Praxis als eine soziale Praxis und unterstützt mit und in ihren Projekten (junge) Männer und Frauen of Color und marginalisierte Gruppen.

© Andreas Greiner-Napp

Realisierung

Auf Basis ihrer eingereichten Entwurfsidee erarbeitet die Künstlerin in enger Abstimmung mit der Kulturverwaltung den konkreten Realisierungsplan für die Umsetzung der Entwurfsidee. Dabei werden die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt. Absicht ist es, im 2. Quartal 2025 die notwendigen Vorplanungen abzuschließen. Die Ausführung des künstlerischen Entwurfs ist für das 3. Quartal 2025 geplant.

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