Kolonialdenkmal Jasperallee

Die Thematik Kolonien und ihre wissenschaftliche wie gesellschaftspolitische Rezeption erfährt durch den Tod des US-Amerikaners George Floyd weltweit eine weitere Dimension. Denkmale werden zu Fall gebracht, oder so wie hier, das Kolonialdenkmal am Ende der Jasperallee zu einer Projektionsfläche für die Solidarität und gleichermaßen zum Ort der Auseinandersetzung mit der kolonialen Geschichte. Schon 2006 hat die Stadt Braunschweig im Rahmen einer Kooperation mit der Integrierten Gesamtschule Franzsches Feld, IGS FF, die Geschichte des Denkmals gespiegelt. Dass dieses Denkmal aktuell auch zur Dokumentation gegen Rassismus wird, ist nachvollziehbar und folgerichtig aufgrund seiner Geschichte. Mit der Thematik Kolonien und Braunschweig sind noch weitaus mehr Aspekte verknüpft, die die Stadt Braunschweig veranlassen, unterschiedliche Themen in einem wissenschaftlichen Diskurs aufzubereiten und deren Ergebnisse einerseits hier im Netz zu veröffentlichen, andererseits damit in die Öffentlichkeit zu gehen. Weitergehenden Recherchen zu bestimmten Themen sollen Braunschweigs Geschichte in der Kolonialzeit offenlegen, die sich in unterschiedlichen Aspekten niederschlagen: Von Exponaten im Museum, über die Biografie Braunschweiger Bürger bis hin zu der Bedeutung der Vereine und Verbände, die weit mehr waren als bloße „Kolonialgesellschaften“.

Kolonialdenkmal

Das Denkmal am Ende der Jasperallee

Ursprünglich bildete das Kolonialdenkmal den Endpunkt der damaligen Kaiser-Wilhelm-Straße, der heutigen Jasperallee, als es 14. Juni 1925 errichtet wurde.

Der Entwurf des Denkmals stammt von Hermann Flesche, der als Architekt und Stadtbaurat Spuren in Braunschweig hinterlassen hat. Auf der anderen Seite aber in der NSDAP und sogar der SS war. Dennoch konnte er nach dem Krieg seine TU-Professur wieder ausfüllen und erhielt das Bundesverdienstkreuz.

Die Ausführung des Denkmals wurde von Jakob Hofmann übernommen. (Weitere Informationen zu Jakob Hofmann in der Wikipedia (Öffnet in einem neuen Tab))

Initiator und Financier des Denkmals war der „Verein ehemaliger Ostasiaten und Afrikaner“. Ziel des Vereins war es, mit der Errichtung des Denkmals an die in den Kolonien gefallenen Soldaten zu erinnern und den Gedanken der Wiedergewinnung der Kolonien wachzuhalten. Im Zuge des Versailler Friedensvertrages waren dem Deutschen Reich 1919 sämtliche Kolonien aberkannt und zu Mandatsgebieten des Völkerbundes erklärt worden.

Die Nationalsozialisten ließen das Denkmal, weil es sie bei der geplanten Verlängerung der heutigen Jasperallee störte, 1936 an seinen heutigen Standort versetzen.

Auf der Vorderseite ist ein verwundeter, jedoch kampfbereiter Löwe dargestellt, der seine rechte Pranke mit dem Ausdruck von Besitzanspruch auf den Globus legt. Im Sockelbereich ist als Inschrift zu lesen: „Gedenkt unserer Kolonien und der dort gefallenen Kameraden“.

Die Rückseite ist mit mehreren erhaben gearbeiteten Sternen gestaltet, die zusammen das Sternbild „Kreuz des Südens“ bilden. Unter diesem Sternbild im Sockelbereich ist zu lesen: „Per aspera ad Astra“ (Auf rauhen Wegen / durch Mühsal zu den Sternen).

Aus diesem Seneca-Zitat ergibt sich zugleich eine Verbindung zu den ehemaligen Braunschweiger Herzögen, denn der Ausspruch war eine der Devisen des Welfenhauses.

Auf den Seitenflächen des Denkmals sind die Namen der ehemaligen Kolonien wiedergegeben: Togo (= Togoland), Kamerun, Südwestafrika (= Deutsch-Südwestafrika), Ostafrika (= Deutsch-Ostafrika), Neu-Guinea (= Deutsch-Neuguinea), Samoa-Inseln, Kiautschou, Insel Yap, Palau-Inseln, Karolinen-Inseln, Insel Ponape, Insel Nauru, Marianen-Inseln, Marshall-Inseln.

Das Denkmal ist im niedersächsischen Denkmalverzeichnis wegen seiner geschichtlichen Bedeutung aufgrund des Zeugnis- und Schauwertes für politische Geschichte aufgelistet.

1: vgl. hierzu Norman-Mathias Pingel, Braunschweiger Stadtlexikon, Braunschweig 1992, S. 131.

Das Städtische Museum und sein koloniales Erbe

Das Städtische Museum Braunschweig hatte von Anfang an eine identitätsstiftende Funktion. Bürger gründeten in den 1860er Jahren „ihr“ Museum, um mit Stolz Zeugnisse der Geschichte Braunschweigs und der Region zu präsentieren, genauso aber auch Höhepunkte überregional angelegter privater Braunschweiger Sammlungen. Eine besondere Rolle kam in diesem Zusammenhang Reisenden als Sammlern zu, von Braunschweiger Söldnern im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bis zu weltreisenden Kaufleuten. Das Museum als Hort von Selbstversicherung und regionalem Selbstbewusstsein erhielt durch die kolonialpolitischen Bestrebungen des Kaiserreichs einen neuen Charakter: Objekte aus Kolonialgebieten, die Braunschweiger "ihrem" Museum vermachten, sollten veranschaulichen, dass sich die Bürger der Stadt aktiv und „erfolgreich“ an den als weltpolitisch bedeutsam propagierten Kolonialisierungsprojekten, die vom Deutschen Reich ausgingen, beteiligten. Die als „Trophäen“ zu begreifenden Stücke aus den „kolonialisierten“ Gebieten besaßen zudem vielfach exotischen Reiz und sollten dazu dienen, im Kontext des Museums überdies weltgewandte Gelehrsamkeit zu vermitteln.

Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten ethnologische Objekte von der Wissenschaft bei einer partiellen Ausblendung gesellschaftlicher Hintergründe vielfach nur als rein kulturgeschichtlich oder ästhetisch bedeutsame Artefakte betrachtet und analysiert wurden, veränderte sich der Blickwinkel in der jüngsten Zeit grundlegend. Die ästhetisierende Verharmlosung hatte ein Ende. Zunehmend gerieten die Provenienzgeschichte und die (kultur-)politischen Umstände des Erwerbs in den Fokus der musealen Bearbeitung der Stücke. Die Objekte aus Kolonialgebieten und ihre Erwerbungsgeschichte werden seitdem auch als klare Signale für historisches Unrecht verstanden. Eine solche Sichtweise ist eine ideale Voraussetzung für einen gesellschaftspolitisch verantwortlichen Umgang mit ethnologischen Objekten.

An diesem aktuellen, vielfach höchst brisanten Diskurs beteiligt sich das Städtische Museum mit einer Vielzahl von Projekten:

Der bedeutendste "Fall" ist sicherlich der „Patronengurt des Kahimemua.“ Dieses Stück war im Zuge des Aufstands der OvaMbanderu gegen die deutsche Kolonialherrschaft 1896 erbeutet worden. Der Patronengurt war dem Oberhaupt der OvaMbanderu, Kahimemua Nguvauva, kurz vor seiner Hinrichtung im Rahmen seiner Entwaffnung abgenommen worden. Über den hiermit betrauten Braunschweiger Gustav Voigts (1866-1934), der als Reserveoffizier der „Schutztruppe“ in „Deutsch-Südwestafrika“ an den Kämpfen teilnahm, gelangte das Stück 1898 ans Städtische Museum. Da Voigts den Patronengurt dem Museum unter Eigentumsvorbehalt übergeben hatte, wurde dem Stück zwar eine Objektnummer zugeteilt, diese jedoch nicht in permanenter Form am Objekt befestigt. Wohl gerade auch durch das fehlende Objektlabel war der Gurt im Museum viele Jahre lang nicht auffindbar. Ab den 1990er Jahren setzte von namibischer Seite her verstärkt die Suche nach dem Patronengurt des Kahimemua ein, der inzwischen zu einem namibischen Nationalhelden avanciert war. Durch neues fotografisches Material wurde im Museum im Jahre 2019 schließlich ein Objekt identifiziert, das mit einiger Wahrscheinlichkeit der Patronengurt des Kahimemua war. Europäische Ethnologen und Genlabore konnten keinen letztgültigen Nachweis für die Authentizität des Stücks erbringen. Deshalb lud das Museum 2021 eine Delegation von kulturgeschichtlichen Experten der OvaMbanderu nach Braunschweig ein, die das Objekt eingehend analysierte. Das Urteil war eindeutig: Der Erkenntnis der Experten nach handelte sich hierbei um den gesuchten Patronengurt. Entsprechend formulierte die Delegation ein schriftliches Restitutionsgesuch. Diesem wurde schließlich einstimmig vom Rat der Stadt im Rahmen seiner Sitzung am 11. Juni 2024 stattgegeben. Derzeit laufen die Vorbereitungen der Rückführung dieses für die OvaMbanderu so wichtigen Stücks, das für sie von unschätzbarem ideellem Wert ist und ein Symbol ihrer Identität als Gemeinschaft darstellt.

 

Weiterhin ist das zwischen 2019 und 2022 durchgeführte, von der VolkswagenStiftung finanzierte Forschungsprojekt „PAESE“ (Provenienzforschung in außereuropäischen Sammlungen und der Ethnologie in Niedersachsen) zu erwähnen. An der Entwicklung und Umsetzung des Verbundprojekts, an dem u.a. auch das Landesmuseum Hannover, die Universität Göttingen, das Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim und das Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg mitwirkten, war das Städtischen Museum maßgeblich beteiligt. 

Ziel des Projekts war die Aufarbeitung spezifischer Sammlungen aus kolonialen Kontexten, zu denen bereits ein konkreter Anfangsverdacht bezüglich eines möglichen Gewaltkontexts vorlag. Im Mittelpunkt der Untersuchung am Städtischen Museum Braunschweig standen dabei die von Kurt Strümpell (1872-1947) zusammengetragenen Objekte (weitere Informationen unter https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Str%C3%BCmpell). Strümpell war ein ehemals in Kamerun stationierten Kolonialoffizier, der dem Städtischen Museum zwischen 1900 und 1912 eine Vielzahl von ihm während seiner Dienstzeit „gesammelter“ Objekte überlassen hatte. Da Strümpell an einer Reihe sogenannter "Strafexpeditionen" teilgenommen hatte, bestand ein klarer Anfangsverdacht. Als die Forschung in einigen Fällen diesen Verdacht erhärtete, erfolgte die Kontaktaufnahme mit einer der betroffenen Gemeinschaften aus Kamerun, den Bangwa. Aus dem Kontakt ergab sich der Besuch einer 13-köpfigen Delegation dieser Gemeinschaft, die vom König der Bangwa Asabantong Fontem Njifua angeführt wurde. Der König trug sich während des Besuch ins Goldene Buch der Stadt Braunschweig ein. Das in diesem Zusammenhang formulierte Restitutionsgesuch der Bangwa wurde inzwischen durch die Regierung des Staates Kamerun weiterverfolgt. Die Regierung beabsichtigt, sämtliche Restitutionsgesuche bezüglich Kamerun zentral zu verwalten.

Neben den genannten Fallbeispielen werden am Städtischen Museum Braunschweig eine Reihe einzelner Arbeitsprojekte umgesetzt, die dem allgemeinen Ziel der Aufarbeitung kolonial-geschichtlicher ethnologischer Bestände des Hauses dienen. 

Hiervor betroffen sind u.a. drei Benin-Bronzen und schließlich ein Paar Mokassins, das dem in Braunschweig verstorbenen "Indianer" Lakota Wounds-One-Another gehörte, der als Teilnehmer der Buffalo Bill Wild West Show nach Braunschweig gekommen war. 

Zu nennen sind zudem drei neue Forschungs- und Ausstellungsprojekte, die Ende 2024, Anfang 2025 begonnen wurden. Das erste dieser Projekte, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste finanziert wird, setzt sich kritisch mit der Person Otto Finsch auseinander, der als deutsch-kolonialer Akteur in Ozeanien von 1904 an bis zu seinem Tod 1917 die ethnologische Sammlung des Städtischen Museums Braunschweig betreute. Finsch konzipierte 1906 die erste ethnologische Dauerausstellung des Hauses. 

Das zweite Projekt setzt PAESE in dem Sinne fort, dass hier die gleichen musealen Partner:innen im Verbund zusammenarbeiten. Ziel des Projekts ist die Aufarbeitung der kolonialzeitlichen Sammlungsbestände aus Indonesien. Bezogen auf das Städtische Museum, sind diese mehrheitlich auf Herzog Johann Albrecht zurückzuführen, den Regenten des Herzogtums Braunschweig von 1907 bis 1913 und Präsidenten des deutschen Kolonialvereins von 1895 bis 1920. Zuletzt ist noch das kollaborative Ausstellungsprojekt zu den Beständen aus der Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zu erwähnten, das von der Terra Foundation finanziert wird. In dieser Ausstellung wird unter anderem die Rolle der Braunschweiger Hilfstruppen, die im Unabhängigkeitskrieg auf Seiten der britischen Krone kämpften, reflektiert. Ziel ist es, Ende 2026 – also zum 250. Jahrestags der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, die gleichsam oft als Geburtsstunde der Demokratie gewertet wird – einen neuen Blick auf die damaligen Zusammenhänge und ihre Auswirkungen zu werfen. Dabei werden auch die indigenen Objekte, die von den Braunschweigischen Truppen "heimgebracht" wurden, ebenfalls in neuer Form reflektiert. Dieser neue Blick auf diese Stücke soll dabei mit Repräsentanten von vier indigenen Museen aus dem Gebiet der heutigen USA und Kanada erarbeitet werden. Nach einer ersten Kontaktaufnahme mit einer Gruppe indigener Partner im September 2022, bei dem die Frage des angemessenen Umgangs mit einem kulturell sensiblen Gegenstand - der ältesten erhaltenen Ritualtrommel aus Nordamerika – im Mittelpunkt stand, erfolgt im Oktober 2024 der Gegenbesuch einer 8-köpfigen Delegation von der Ojibwe Cultural Foundation aus Ontario, Kanada. Dieser Besuch bildete gleichsam den Auftakt dieses Ausstellungsprojekts.

 

Ovambanderu-Führer Kahimemua Nguvauva (3. v.l.) unmittelbar vor seiner Hinrichtung 1896
Der Patronengurt des Kahimemua Nguvauva

Das Städtische Museum arbeitet bei Fragen ungesicherter Provenienz und möglicher Restitutionen partnerschaftlich mit Herkunftsgesellschaften zusammen. Diese Art von gleichberechtigter Kooperation soll auch langfristig das Profil des Museums mitbestimmen. Geplant sind „Interventionen“ in der ethnologischen Dauerausstellung, die aktuelle und historische Stellungnahmen, Kommentare oder auch Objekte von Mitgliedern verschiedener Herkunftsgesellschaften umfassen. Auf diese Weise können die Herkunftsgesellschaften zumindest symbolisch bei der Präsentation ihrer eigenen Kultur “mitreden“.

Durch ein derartig offenes, dialogisches Konzept wird das Städtische Museum zu einem lebendigen Forum, das kolonialgeschichtliche Fragen offenlegt und mit der - auch gegenwärtigen - Wirklichkeit der betroffenen Gruppen verbindet.

In Zusammenhang mit seinen provenienzgeschichtlichen Projekten ist das Städtische Museum Teilnehmer an internationalen Forschungsnetzwerken zu den Themen Provenienzforschung und Kolonialgeschichte. Erarbeitet wird derzeit eine Neukonzeption der ethnologischen Dauerausstellung, die über die genannten Beispiele hinaus die Themen Provenienz und gesellschaftliche Verantwortung insgesamt transparent macht und sinnfällig veranschaulicht.

Der Präsident der Kolonialgesellschaft

Zudem sind einige Protagonisten hier wie in den Kolonien seinerzeit aktiv gewesen, deren Biografien in diesem Kontext eine Rolle spielen. Von vielen Persönlichkeiten wissen wir um ihren Einfluss auf die Kolonialgeschichte, andere gilt es einzuordnen.

Eine der sicher wichtigsten Persönlichkeiten ist der Regent Herzog Albrecht zu Mecklenburg-Schwerin (1857-1920), der seit 1882 in der deutschen Kolonialgesellschaft aktiv und zwischen 1895 und 1920 ihr Präsident war. Er war auch Mitglied weiterer kolonialer Gremien und muss als einer der einflussreichsten deutschen Kolonialpolitiker betrachtet werden. Zwischen 1907 und 1913 war er Regent des Herzogtums Braunschweig. Sein Grabmal im Dom zu Bad Doberan geht auf einen Entwurf des Braunschweiger Architekten Ludwig Winter zurück. Bei der Einweihung des Kolonialdenkmals 1925 sprach u.a. Adolf Friedrich von Mecklenburg (1873-1969), der Halbbruder von Johann Albrecht, der   Gouverneur von Togo gewesen war, nach dem Krieg die Position des Vizepräsidenten der Deutschen Kolonialgesellschaft bekleidete und noch unter den Nationalsozialisten als Kolonialpolitiker aktiv war.

Schilder vor dem Kolonialdenkmal

Kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialdenkmal

Schülerprojekt 2004 bis 2006

Zu Beginn der 1990er Jahre kam es zu kritischen Diskussionen über das Kolonialdenkmal, die u. a. die Versetzung des Denkmals in das Städtische Museum anregten oder auch die Errichtung eines Gegendenkmals auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dennoch erfolgten bis zum Jahr 2003 am Kolonialdenkmal Kranzniederlegungen anlässlich des Volkstrauertages. Aufgrund der Intervention des damaligen Direktors des Braunschweigischen Landesmuseums und des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge e. V. wurden die Kranzniederlegungen eingestellt.

Im Jahr 2004 wurde die Verwaltung auf Initiative des zuständigen Stadtbezirksrats und in Zusammenarbeit mit der Stadtheimatpflege mit der Entwicklung eines Maßnahmenkonzeptes beauftragt mit dem Ziel der Umwidmung des Denkmals als eines gegen Kolonialkriege.

Damit wurde das Denkmal erstmals wieder in das Bewusstsein gerückt.

2004 wurde das Thema des Verbringens des Denkmals in das Städtische Museum behandelt. Im Ergebnis wurde festgehalten, dass trotz der nicht mehr akzeptablen politischen Aussage des Denkmals es als solches einen wichtigen Beitrag für die Denkmalkultur Braunschweigs darstellt. Denkmäler wie das Kolonialdenkmal sind in Gestaltung und Aussage selbst Ausdruck und Visualisierung der gesellschaftlichen Prozesse und Vorstellungen ihrer Zeit und damit historische Dokumente.  Eine Umsetzung in ein Museum würde ein kontrovers diskutiertes Denkmal aus seinem Kontext reißen mit dem Ziel, es durch die Musealisierung in seiner Aussage zu neutralisieren. Wenn dann möglicherweise das Corpus delicti aus den „Augen“ verschwunden ist, so ist möglicherweise auch die Diskussion beendet, aber kann das wirklich gewollt sein? Damit wird die kontinuierliche Aufgabe der historischen Vermittlungsarbeit durch die Kommentierung des Denkmals am originalen Standort verhindert. Der Rat der Stadt Braunschweig hat vor diesem Hintergrund im Dezember 2004 beschlossen, das Denkmal an seinem Standort zu belassen.

Anstelle der Musealisierung wurde ein aktiver und öffentlicher Umgang mit dem Denkmal gewählt. Im Rahmen eines partizipativen Konzeptes zur historischen Einordnung des Denkmals wurden von der Kulturverwaltung in einem ersten Schritt Erläuterungstafeln zur historischen Einordnung der Aussage des Denkmals direkt vor Ort angebracht.

In Kooperation mit der IGS Franzsches Feld initiierte die Stadt Braunschweig ein temporäres Schülerprojekt, durch welches eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Kolonialdenkmal erfolgte. Eine Schülerarbeitsgruppe entwickelte dabei Lösungsansätze zum künftigen Umgang mit dem Denkmal. Bestandteile dieses Konzeptes waren im Juni / Juli 2006 die öffentliche Verhüllung des Kolonialdenkmals durch die AG „Kolonialdenkmal“ in Zusammenarbeit mit der Bildhauerin Petra Förster. Im Rahmen des Projektes „DENKmal anders“ wurden insgesamt 4 verschiedene Zitate zur Kolonialzeit an eine das ganze Denkmal verhüllende Stoffplane angebracht, um durch diese visuelle Irritation zum Nachdenken über das Kolonialdenkmal und seinen Kontext anzuregen. Die intensive und engagierte Auseinandersetzung der beteiligten Schülerinnen und Schüler mit dem komplexen historischen Thema sorgte für eine auch in den Medien begleitete Befassung mit dem Kolonialismus in Braunschweig.

Die temporäre Aktion wurde im Oktober 2006 mit der Enthüllung des Denkmals beendet. Die AG „Kolonialdenkmal“ implantierte überdies eine längerfristige Auseinandersetzung mit dem Thema Kolonialismus in der IGS Franzsches Feld, die auch aktuell eine der engagierten Schulen gegen Rassismus und Partnereinrichtung im internationalen Netzwerk Toleranz ist.

Braunschweiger Zeitung vom 19.07.2006

Aktuelle Projekte der Stadt Braunschweig im Umgang mit dem Kolonialerbe: Forschung und Künstlerischer Wettbewerb zum Kolonialdenkmal

Obwohl bereits wissenschaftliche Untersuchungen zur Thematik Nationalsozialismus und Kolonialismus vorliegen, sollen diese kontinuierlich mit Blick auf die braunschweigische Geschichte fortgeführt werden. Nach und nach wird hier auch Literatur vorgestellt, die lesenswert in die Thematik einführt. So beispielsweise die Veröffentlichung von Reinhard Bein: Das vergessene Kolonialdenkmal in Braunschweig, in: Praxis Geschichte, Ausgabe 1, Januar 1993, Geschichte vor Ort.

Absehbar stellen wir hier weitere, bereits erschienene Literatur vor.

Rezeptionsgeschichte

Wir werden an dieser Stelle unter anderem auch mit Archivalien aus dem Stadtarchiv die Rezeptionsgeschichte des Denkmals in den Blick nehmen und diese auch auf dieser Seite vorstellen.

Die aktuelle bundesweite Diskussion zeigt, dass für eine zeitgemäße Vermittlungsarbeit ein weiter gefasster Untersuchungs- und Überprüfungsansatz notwendig ist, dessen Ergebnisse zu einer gesamtpolitischen Bewertung führen müssen. Diese inhaltlich über den aktuellen Stand hinausgehenden Untersuchungen sollen einerseits durch eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme, andererseits nach Möglichkeit durch eine künstlerische Einbettung flankiert werden.

Als Ausgangspunkt eines künstlerischen Wettbewerbs auf der Grundlage der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme könnte das Kolonialdenkmal so die kritische Auseinandersetzung durch bewusste künstlerische Irritationen anregen mit dem Ziel, die aktuellen Debatten um Antirassismus und Antikolonialismus in einen multiperspektivischen Austausch mit einem historisch im öffentlichen Raum gesetzten Denkmal zu bringen. Im Rahmen dieses Austausches wird es unverzichtbar sein, die Betrachtungen, Gewichtungen und Vermittlungsansätze gerade auch von Künstlerinnen und Künstlern aus ehemaligen deutschen Kolonien zu Wort und Gestaltung kommen zu lassen. Dies wird absehbar im städtischen Ausschuss für Kultur und Wissenschaft zur Diskussion vorgestellt.

An weiteren Fragen zu unterschiedlichen und vielfältigen Themen wird bereits gearbeitet. Hierzu gehören u. a. die Frage der Spiegelung rassistischer Vorurteile oder bewusster gesellschaftspolitisch-kolonialistischer Weltbilder in Kinderbüchern in Kooperation mit dem Georg-Eckert-Institut – Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung oder die Befassung mit Braunschweigern, die besondere Berührungspunkt zu deutschen Kolonien hatten.

An dieser Stelle werden Sie zukünftig weiterführende Hinweise, Berichte oder Links auf aktuelle Beiträge zur Kolonialismus-Debatte finden. Besuchen Sie uns!

Sonderregal in der Stadtbibliothek

Die Stadtbibliothek Braunschweig hat am Hauptstandort, Schlossplatz 2, ein Sonderregal mit Publikationen zum Thema Kolonialismus aufgestellt. 

Befassung des Kulturausschusses mit dem Kolonialdenkmal 1962/63

Literatur

Kolonialismus / Rassismus in Schulbüchern

Kolonialismus / Rassismus in Kinderbüchern

externe Links

Erläuterungen und Hinweise