Gaußbergpark
Der Gaußberg ist Bestandteil der von Peter Joseph Krahe zwischen 1802 und 1835 umgestalteten Wallanlagen und bildet den städtebaulichen Bezugspunkt für den Wendentor- sowie den Inselwall. Von seinem Plateau ergeben sich zahlreiche Aussichtsmöglichkeiten auf die umgebenden Wallstraßen, die Oker und den Platz vor dem Wendentor.
Das Gelände des heutigen Gaußberges war bis Ende des 18. Jahrhunderts als sog. „Rudolphsbollwerk" Teil der 1692 angelegten barocken Stadtbefestigung mit ihren Bastionen und Ravelins am Wendentor. Als die Befestigungswerke gegen die veränderte Kriegsführung unwirksam wurden, z. T. schon als Garten- und Weideland dienten und zu- dem erhebliche Unterhaltungskosten verursachten, beschloss man 1769 die sogenannte „Walldemolierung“. Ab 1780 kam es zu einer geordneten Schleifung der Befestigungsanlagen und der Veräußerung einzelner Bastionen zum „Zwecke der Anlage von Parks und Gärten“. 1802 stellte Krahe im Auftrag des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand einen „Generalplan zur Walldemolierung und Errichtung der erforderlichen Bauten“ auf. Dabei sollte der überwiegende Teil der ehemaligen Wallflächen zur Anlage von repräsentativen Wohnhäusern mit entsprechenden Gärten verkauft werden, die neuen Stadttore errichtet und ein Verbindungssystem aus baumbestandenen öffentlichen Wallpromenaden, unterbrochen durch kleine Parkanlagen, um die gesamte Stadt entstehen. Krahes Entwurfsplan ist nicht mehr erhalten, dafür gibt der Stadtplan von Carl Wilhelm Schenk (ca.1820) die planerischen Intentionen wieder.
Unterbrochen durch die Napoleonischen Kriege wurde bis 1815 die Wendentoranlage umgestaltet, von der Teile noch erhalten geblieben sind. Krahe konzipierte hierfür ein weites Oval in Anlehnung an den Löwenwall mit einer äußeren Doppelreihe aus Säulenpappeln, das nördlich der Oker seine Fortsetzung fand. Die beiden Torhäuser schlossen den stadtseitigen Platz ab und ließen nur eine schmale Durchfahrt frei. Zu dieser Zeit stand auf dem Rudolphsbollwerk noch das Anatomiegebäude, welches dem Berg eine Zeit lang seinen Namen gab. Das Bollwerk selbst wurde erst mit dem Bau der heutigen Inselwallpromenade zwischen 1831-35 zu einer kleinen Parkanlage, dem heutigen Gaußberg, umgestaltet. Dabei wurde auch die alte Anatomie abgebrochen.
Die Parkanlage selbst gliederte sich wie auch heute noch in ein kastanienbestandenes Aussichtsplateau mit einer landschaftlich gestalteten Grünanlage auf den Hügelhängen und an der Oker. Dabei wurden wie beim Herzoglichen Park (heute Theater- und Museumpark) Flächen jenseits der Okerumflut in die Parkgestaltung einbezogen, um den Fluss als wichtiges Gestaltungselement für das Parkerlebnis nutzbar zu machen. Reste der jenseitigen Grünanlage mit einer mächtigen Blutbuche sind heute noch an der Mühlenpfordtstr. erhalten geblieben. Das Aussichtsplateau war durch ein Kastanienrondell zentriert, an dessen Mittelpunkt sich die Achsen des Wendentorwalls und des Inselwalls treffen. Darüber hinaus bestanden weitere Sichtbeziehungen auf die Wendentoranlage, das Wendenwehr und die westlichen Okerpartien. Zur Verbindung der Wallpromenaden legte Krahe einen Fahrweg am Fuß des Berges an, wie er auch gegenwärtig noch um den Berg führt. Die Fußpunkte des Berges bildeten heute wie damals die städtebaulichen Bezugspunkte der beiden Wallpromenaden und wurden nach dem Stadtplan von Schenk durch großzügige Plätze abgeschlossen. Schon während der Umgestaltung der Wallanlagen musste 1816 eine „Verordnung – das Verbot und die Bestrafung der Beschädigung öffentlicher Anpflanzungen“ vom Herzog erlassen werden, in der unter anderem die Beschädigung von Pflanzungen nach der Schwere der Schädigungen mit „Gefängnisstrafe“ geahndet wurde. Ihr folgte 1835 eine von Krahe verfasste Bauordnung über die Gestaltung der privaten und öffentlichen Gebäude auf den Wallpromenaden. Von den ursprünglich durch Krahe gepflanzten artenreichen Gehölzpflanzungen blieben nur einige mächtige Eiben und Buchen erhalten. Außerdem kann an der Oker noch eine alte Kastanie am wieder hergestellten Sitzplatz bewundert werden, die schon auf dem historischen Stich von 1850 zu sehen ist.
Ab 1862 wurden die Wohngebäude westlich des Gaußberges errichtet, was auch die Veränderung der Parkanlage nach sich zog. Die heute noch vorhandenen Schwarzkiefern stammen aus dieser Zeit. 1880 errichtete man am Endpunkt des Inselwalles das von Schaper gestaltete namensgebende Gaußdenkmal und umgab die Statue mit einem schmiedeeisernen Gitter. Gauß selbst nutzte den Berg für sein nach ihm benanntes Gauß-Krüger-Koordinatensystem, nach dem ganz Deutschland vermessen wurde, wovon noch einige alte Vermessungssteine am Berg zeugen.
Ab 1999 wurden anhand eines gartendenkmalpflegerischen Gutachtens den Grünanlagen um den Gaußberg ihre historische Gestaltungsform und Erlebnisqualität mit der Sanierung der Wege und Pflanzenbestände zurückgegeben. Besonders wichtig ist dabei die Wiederherstellung der historischen Sichtachsen vom Gaußberg in die Wallpromenaden mit der Rekonstruktion des Kastanienrondells zu einem bankumstandenen Aussichtsplatz, aber auch die Sicht-beziehungen auf die Oker von der Hügelkuppe als wichtiges Gestaltungselement. Hierzu wurden verwachsene Sichtschneisen wieder geöffnet und die Wege mit den historischen Sitzplätzen entlang der ehemaligen Wegetrassen wiederhergestellt. Darüber hinaus ist das Umfeld um das Gaußdenkmal der Wertigkeit des Platzes entsprechend neu gestaltet und das Gitter um das Denkmal rekonstruiert worden.