Kompostierbare Kunststoffe
Begründung des Verbots von kompostierbaren Kunststoffen in der Biotonne
Warum die extra für die Entsorgung in der Biotonne zertifizieren und von der Bioabfallverordnung [unter Vorbehalt!] zugelassenen kompostierbaren Biokunststofftüten in Braunschweig und anderswo in der Biotonne verboten sind:
Es gibt unzählige Arten von Bioplastik und biologisch abbaubaren/kompostierbaren Kunststoffbeuteln.
Die "beste" aktuell verfügbare Zertifizierung wird auch "Zertifizierung nach der Bioabfallverordnung" genannt und stellt den Keimling in Kombination mit DINplus dar: Und auch diese Zertifizierung ist nicht ausreichend, denn sie besagt, dass der Kunststoff unter Einwirkung von Sauerstoff, Feuchtigkeit und mind. 60° C Wärme nach 6 Wochen noch zu 90% in kleinen Teilen von weniger als 2 mm Kantenlänge vorliegen darf. Die Größe der verbleibenden 10 % des Ausgangsprodukts ist gar nicht geregelt.
Die konkreten Probleme hiermit in Braunschweig (und in allen anderen Kommunen in Norddeutschland):
- Wenn restliche Teilchen im Kompost noch zu erkennen sind, werden sie bei der Zertifizierung des Kompostguts als Fremdstoffe gewertet. Entsprechend gefährden sie die Zertifizierung als Gütekompost und damit die Möglichkeit, den Kompost in der Landwirtschaft zu nutzen.
- Es ist nicht festgelegt wie sich die verbleibenden 90% plus 10 % in der Natur, d. h. im Boden, auf dem Boden oder im Gewässer, zersetzen, da dort die o.g. Zertifizierungsvoraussetzungen aus hoher Temperatur, Sauerstoff und Feuchtigkeit nirgends gleichzeitig vorliegen. So kann es sein, dass die Bioplastiktütenreste über den Nahrungskreislauf als Mikroplastikanteil eines Fisches oder Gemüses oder Fleischstücks auf den heimischen Teller gelangen. Und dies würde die Braunschweiger Region betreffen, weil unser Kompost hier in der Region genutzt wird.
- Unsere Braunschweiger Behandlungsanlage ist eine Biovergärungsanlage. Sie hat den enormen Vorteil gegenüber einer einfachen Kompostierungsanlage, dass dabei die bei der Kompostierung entstehenden Klimagase (Methan und CO2*) aufgefangen, verwertet (es wird daraus Strom und Wärme erzeugt) und dabei umgewandelt werden. Damit dieser Prozess funktioniert, muss er anaerob, d.h. unter Sauerstoffabschluss durchgeführt werden. Damit fehlt aber ein Faktor, der bei der Zertifizierung für die Kompostierbarkeit von Bioplastik für 6 Wochen vorliegen muss: Die Zufuhr von Sauerstoff! Die so gewonnene Wärme nutzen wir übrigens u. a., um die Temperaturen bei der Biovergärung zu erreichen.
- Nach der Biovergärung ruhen die "Gärreste", also der Kompost, noch für 2-3 Wochen. In dieser Zeit kommt auch Sauerstoff an das Substrat, aber nicht für die für die Zertifizierung geprüften 6 Wochen und nicht bei 60° C.
Die Zertifizierung gibt nur die Mindestvorgaben. Es könnte also sein, dass einzelne Bioplastikbeutel die Vorgaben übererfüllen. Aber diese Beutel sehen dann exakt so aus, wie alle anderen Beutel mit derselben Zertifizierung. Wie also könnten wir sie im Prozess unterscheiden? Das ist absolut unmöglich, weil ihr gleiches Aussehen im Anhang der BioabfallV genau vorgegeben ist. Würden wir sie aber alle im Bioabfall belassen, hätten wir die oben genannten Probleme.
Somit müssen alle Bioplastikbeutel aus dem Bioabfall raus. Das gewährleisten wir nun, indem Biotonnen mit jeglichen Plastikanteilen (auch die mit den "besten" kompostierbaren Plastiktüten) nicht mehr geleert werden. Natürlich bemühen wir uns auch um eine Nachsortierung, aber die kann nicht alles heilen.
Am Rande erwähnt: Die o. g. Zertifizierung verlangt nur einen Anteil von 50%, der aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. 5 % der Bestandteile sind sogar gar nicht reguliert. Letztlich kann man derzeit kein Plastik aus reinen organischen Anteilen herstellen. Es benötigt immer auch sog. Additive.
[Special zu kompostierbaren Kaffeekapseln unter den folgenden Bildern!]
Kompostierbare Kaffeekapseln
Aufgrund vieler Nachfragen, hier ein "Special" zu kompostierbaren Kaffeekapseln:
Auch die "kompostierbaren" Kaffeekapseln von My-CoffeeCup, die u.a. bei der Drogeriekette dm verkauft werden, dürfen (wie alle anderen Kunststoffprodukte) auf gar keinen Fall in die Biotonne gelangen:
Man kann und darf sie nur in den Restabfall legen, damit sie energetisch verwertet ("verbrannt") werden. Denn auch diese Kapseln zerfallen zertifiziert nur unter besonders konstruierten Bedingungen, die in den modernen Bioabfallbehandlungsanlagen wie in Braunschweig nicht vorliegen.
Daher reicht ihre Zertifizierung nicht für die Biotonne, nicht für den Kompost, nicht für die Natur - und recyceln kann man sie auch nicht. Wahrscheinlich hat dm sie nur im Verkauf, weil ihre Kundinnen und Kunden sie unbedingt wollen und ansonsten woanders einkaufen gehen würden. So stark ist Kundenmacht, die nach Greenwashing verlangt!
Was passiert mit den kompostierbaren Kaffee-Kapseln, wenn sie in den Bioabfall gelangt sind?
Ein tägliches Szenario:
1. Natürlich versuchen wir mit großem Aufwand, sie heraus zu sortieren, aber weil sie so klein sind, gelingt das natürlich nicht vollständig.
2. Die verbliebenen Kapseln kommen dann in die Bioabfallbehandlung, wo sie nicht zertifiziert zerfallen, weil hierfür die Voraussetzungen nicht vorliegen, und am Ende sind sie noch in Stücken im Kompost zu erkennen:
3a. Sind am Ende noch zu viele im produzierten Kompost, so bekommt er keine Gütezertifizierung und kann nicht auf die Felder ausgebracht werden. Ein ganz großer Verlust an Nährstoffen, Biosubstanz und Energie.
3b. Sind es nicht so ganz viele Fremdstoffe, die sich am Ende im Kompost befinden, dann erhält der Kompost seine Gütezertifizierung und die Kaffeekapselstücke gelangen mit dem Kompost auf die landwirtschaftlich genutzten Felder unserer Region. Das ist erstmal super, weil der Kompost auf den Feldern chemisch hergestellten Kunstdünger oder Torf ersetzt. Das ist klimaschonend und umweltfreundlich. Aber:
In der Natur herrschen an keiner Stelle und zu keinem Moment die Bedingungen, nach denen die Kaffeekapseln zertifiziert zerfallen: Es müsste 60 °C heiß sein und Sauerstoff müsste vorhanden sein. Beides ist im Boden und im Gewässer aber nicht gegeben. Wir müssen also damit rechnen, dass die Kaffeekapseln in der Natur nur zu Mikroplastik zerfallen.
Anders ausgedrückt: In Deutschland gelangt kaum Plastik in die Natur. Aber Plastik, auch Bio-Plastik und sogenannte "kompostierbare" Kunststoffe in die Biotonnen oder direkt in die Natur zu werfen, sind die Wege, wie Kunststoffe (und somit auch Mikroplastik) in die Böden, in die Flüsse und letztlich auch ins Meer gelangt.
Und nun?
Was spricht gegen einen Kaffee, bei dessen Zubereitung gar kein Verpackungsmüll anfällt?!
Vorschlag:
Nutzen Sie eine kleine Drückkanne. Genau in der Größe, wie Sie es möchten. Pulver rein, heißes Wasser drauf, nach 40 Sek. (oder zu jeder späteren Zeit) runterdrücken, fertig. Der Kaffeesatz kann vielfach genutzt werden, verstopft aber auch nicht den Ausguss.
Filterkaffee. Der Papierfilter darf mit in den Bioabfall.
Kaffeemaschinen ohne Kaffeekapseln.
Nur bitte keine Kaffeekapseln - und falls doch,
so kommen die konventionellen Kapseln in die Wertstofftonne mit dem gelben Deckel.
Die biologisch abbaubaren/kompostierbaren Kapseln kommen in den Restabfall (bitte nicht zu den Wertstoffen).
Danke für Ihr und Euer Interesse! Machen Sie was daraus.