Bauern werden Actionäre
Der Boden rund um Timmerlah bietet ideale Voraussetzungen für die Anpflanzung von Zuckerrüben und die parallel entstehende industrielle Verarbeitungsmöglichkeit der Rüben bot den Bauern neue Einnahmequellen.
Bis 1874 entstanden so 25 Zuckerrübenfabriken, die alle im Abstand von ca. 8 Km errichtet wurden, damit die Ochsengespanne den Weg an einem Tag schaffen konnten.
Für Timmerlah und Umgebung wurde die nächste 1865 in Broitzem an der Timmerlahstraße errichtet. Einer der ersten Actionäre in Timmerlah war der Ackermann Christian Bohnhorst. Er wurde auch gleich als Ersatzmann in den Vorstand der Actien-Zucker-Fabrik Broitzem gewählt (vgl. Dieter Henkel, Broitzem, 1978, S.60f.) Neben anderen wurde auch der Ackermann Hans Heinrich Voges am 1.1.1866 Actionär (die Actie ist Eigentum des Enkels Hans-Heinrich Voges).
Dass die Beteiligung an dieser "Actiengesellschaft" eine gute Entscheidung war, zeigen z.B. die um 1900 errichteten "Rübenschlösschen", wie das im Zentrum von Timmerlah auf dem Gehrschen Hof 1902.
Zum Vergleich dasselbe Objekt 2014:
An der Scheune des Nachbarhofes von Behrens befindet sich noch heute ein interessanter Spruch zur Zuckerrübe:
„Hängt denn dat gänze Lebensglück aff von Kauh un Pärd un Zicke un von süssen Zuckerräube
All dat is for mick Gewinn wenn ick gesund un tefreeden bin“
„Hängt denn das ganze Lebensglück ab von Kuh und Pferd und Ziege und von süssen Zuckerrüben All das ist für mich Gewinn wenn ich gesund und zufrieden bin“
Die Zuckerübenfabrik in Broitzem bescherte auf der einen Seite gute Erträge, so z.B. 1904/05 "Gewinn 53094 Mark, 3 % Dividende" (...)
1914/15 "Reingewinn 138100 Mark. Dividende 5%" (...)
1951/52 "Reingewinn 12507 DM, Dividende 4%"
(Dieter Henkel, Broitzem 1978, S.62ff),
stellte deren Eigentümer auf der anderen Seite aber oft auch vor große Probleme (vgl. ebenda):
Im Winter 1867 brannte sie ab, konnte aber rechtzeitig vor der Ernte 1868 wieder aufgebaut werden;
1888/89 wurden zu wenig Rüben geliefert;
10 Jahre später fehlten gute Arbeitskräfte;
"1907/08 Wassermangel";
Probleme aufgrund der zwei Kriege wegen mangelnder Fachkräfte, weniger Anbau.
1926 wurde mit der Zuckerfabrik Üfingen fusioniert und 1927 wurde die "Veillchenbahn", eine "... Feldbahn von der Fabrik Broitzem (über die Timmerlaher Flächen, Anmerk.d.Verf.) zum Bahnhof Groß Gleidingen zum Umschlag von Kohlen und Zucker ... gebaut und bis Üfingen verlängert, um die dort anfallenden Rüben nach Broitzem zu transportieren" (Dieter Henkel, Broitzem 1978, S.63).
Dies war nur möglich durch die Pacht der entsprechenden Flächen von den angrenzenden Bauern: