Staatstheater Kleines Haus: Bühne
18:00 - 19:00 Uhr
Nora Bossong: Reichskanzlerplatz
Moderation: Wiebke Porombka
Der Südwesten Berlins im Jahr 1919: Die Weimarer Republik ist im Aufbruch und Hans so heftig wie hoffnungslos in seinen Mitschüler Hellmut Quandt verliebt. Als der Gymnasiast die junge und schöne Stiefmutter seines Schulfreunds kennenlernt, ahnt er noch nicht, welche Rolle Magda Quandt in seinem Leben spielen wird – für ihn persönlich, aber auch Jahre später als fanatische Nationalsozialistin und Vorzeigemutter des „Dritten Reichs“. Nach einem Unglücksfall beginnen Hans und Magda eine Affäre, von der sich beide Trost und Vorteile versprechen: Sie will aus ihrer unglücklichen Ehe ausbrechen, er seine Homosexualität verbergen. Erst als Magda Anfang der Dreißigerjahre Joseph Goebbels kennenlernt und der NSDAP beitritt, kommt es zwischen Hans und ihr zum Bruch. Und während Magda mit ihren Kindern in der Wochenschau zu sehen ist, wird Hans’ Leben zunehmend gefährlicher...
Nora Bossong, 1982 in Bremen geboren, schreibt Lyrik, Romane und Essays, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde, zuletzt mit dem Joseph-Breitbach-Preis, dem Thomas-Mann-Preis und dem Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis. Nora Bossong lebt in Berlin.
19:30 - 20:30 Uhr
Caroline Wahl: Windstärke 17
Moderation: Michael Schmitt
Ida hat nichts bei sich außer dem alten, verschrammten Hartschalenkoffer ihrer Mutter, ein paar Lieblingsklamotten und ihrem MacBook, als sie ihr Zuhause verlässt. Es ist wahrscheinlich ein Abschied für immer von der Kleinstadt, in der sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hat. Im Abschiednehmen ist Ida richtig schlecht; sie hat es vor zwei Monaten nicht einmal auf die Beerdigung ihrer Mutter geschafft.
Am Bahnhof sucht sie sich den Zug aus, der am weitesten wegfährt – auf keinen Fall will sie zu ihrer Schwester Tilda nach Hamburg –, und landet auf Rügen. Ohne Plan, nur mit einem großen Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld im Bauch, streift sie über die Ostseeinsel. Und trifft schließlich auf Knut, den örtlichen Kneipenbesitzer, und seine Frau Marianne, die Ida kurzerhand bei sich aufnehmen. Zu dritt frühstücken sie jeden Morgen, den Tag verbringt Ida dann mit Marianne, abends arbeitet Ida mit Knut in der „Robbe“. Und sie lernt Leif kennen, der ähnlich versehrt ist wie sie. Auf einmal ist alles ein bisschen leichter, erträglicher in Idas Leben. Bis ihre Welt kurz darauf wieder aus den Angeln gehoben wird.
Nach ihrem gefeierten Debüt „22 Bahnen“ erzählt Caroline Wahl in ihrem unverwechselbaren Sound nun, wie Ida es mit dem Leben aufnimmt. Ein aufwühlender, intensiver und dabei ungemein tröstlicher Roman über Töchter, Schwestern und Mütter, über vermeintliche Schuld und das Verzeihen – sich selbst und den anderen.
Caroline Wahl wurde 1995 in Mainz geboren und wuchs bei Heidelberg auf. Sie hat Germanistik in Tübingen und Deutsche Literatur in Berlin studiert. Danach arbeitete sie in mehreren Verlagen. 2023 erschien ihr Debütroman „22 Bahnen“ bei DuMont, für den sie mit dem Ulla-Hahn-Autorenpreis, dem Grimmelshausen-Förderpreis und dem Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag ausgezeichnet wurde. Außerdem wurde „22 Bahnen“ Lieblingsbuch der Unabhängigen 2023. Caroline Wahl lebt in Rostock.
21:00 - 22:00 Uhr
Judith Kuckart: Die Welt zwischen den Nachrichten
Moderation: Michael Schmitt
Alles ist gewesen, nichts war genau so.
"Am 17. Juni, Tag der Deutschen Einheit, wurde ich geboren. Ich blieb das einzige Kind.
Am 2. Juni 1967 saß ich im Trikot des Kinderballetts vor der Tagesschau. Benno Ohnesorg war erschossen worden. Ich schlug meinem Vater während der Meldung auf's Knie: Papi, wenn ich groß bin, erschieß ich dich auch.
1977 schenkte mir meine Großmutter, Fließbandarbeiterin in einer Fabrik für Babybadewannen aus Plastik, zum Abitur 1.000 DM.
1989 stand ich in der Oper Duisburg zum letzten Mal als Tänzerin auf der Bühne. Eine wichtige und schüchterne Verlegerin saß im Publikum und meinte: Sie könnten auch mal einen Roman schreiben, Judith.
Am 17. Juni 2024 steht der Titel für meinen neuen Roman fest. Und ich weiß, ab jetzt habe ich noch zwanzig grandiose Sommer vor mir - oder?"
Mit einer sprachlichen Dichte, die berührt, erzählt Judith Kuckart entlang ihrer Biografie und beleuchtet damit eine ganze, ihre Generation.
Judith Kuckart, 1959 in Schwelm (Westfalen) geboren, lebt als Schriftstellerin und Regisseurin in Berlin. Sie veröffentlichte bei DuMont den Roman "Lenas Liebe" (2002), der 2012 verfilmt wurde. Ihr Roman "Kaiserstraße" stand 2006 auf der Shortlist des Preises der Leipziger Buchmesse, ihr Roman "Wünsche" 2013 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Zuletzt erschien "Café der Unsichtbaren" (2022). Judith Kuckart wurde mit zahlreichen Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet.