1874 - Geburtsstunde der Freiwilligen Feuerwehren
„Am 2.4.1874 wurde ein neues, aus 46 Paragrafen bestehendes Gesetz über Feuerhülfswesen veröffentlicht. Das Gesetz sah unter anderem vor, dass jede Gemeinde aus freiwilligen männlichen Mitgliedern eine Feuerwehrgruppe zu bilden hat. - Das war die Geburtsstunde unserer Freiwilligen Feuerwehr!
Hier Auszüge aus diesem Gesetz:
§ 1 Die Leitung und Beaufsichtigung des Feuerhilfswesens ist eine Aufgabe der Orts- und Landespolizei und wird dieser unterstellt.
§ 2 Die Kreisversammlung ernennt einen Kreis-Brand-Direktor, der verpflichtet ist, die Ausbildung, die Pflege der Geräte und die Stärke der Mannschaft zu kontrollieren und zu überwachen.An größeren Übungen der Feuerwehren hat er teilzunehmen und dem Kreisausschuss hierüber Bericht zu erstatten.
§ 3 Auf der gemeinsamen Versammlung sind Fragen des Feuerlöschwesens zu beraten, insbesondere die Frage der gemeinsamen Signale und gemeinsamen Exerzier-Reglements für die Bedienung der Geräte. Mit Rücksicht auf die fortschreitende Technik sind Vorschläge für Verbesserungen der Feuerlöschgeräte zu machen und die zweckmäßigsten Verfahren für eine Brandbekämpfung zu ermitteln.
§ 4 Bildung der Feuerwehr In jeder Gemeinde soll aus den männlichen Gemeindegenossen vom zurückgelegten 18. bis zum vollendeten 55. Lebensjahr zur Bekämpfung der Schadenfeuer sowohl innerhalb wie außerhalb des Ortes eine Feuerwehr gebildet werden.
§ 5 Vom Eintritt in dieselbe befreit sind:
- Kranke und Gebrechliche
- Geistliche aller Konfessione
- Rechnungsführer öffentlicher Kassen
- Ärzte, Wundärzte und Apotheker mit ihrem Hilfspersonal
- Staatsanwälte, Beamte der Landespolizei, Militärs sowie alle Reichs-, Staats-, Gemeinde- und Eisenbahnbeamte
§ 6 Die gesamte Feuerwehr wird in 2 Hauptabteilungen eingeteilt:
1. Die einexerzierte Feuerwehr, welche die Spritze bedient und erforderlichenfalls das Retten besorgt, sowie
2. die Ordnungsmannschaften, welche Unberufene von der Brandstelle fernhält, gerettete Gegenstände bewacht und nötigenfalls für Wasserzuführung zu den Spritzen sorgt.
§ 7 Die einexerzierte Feuerwehr soll bestehen in Ortschaften:
a) bis 1 000 Einwohner aus mindestens 6% und höchstens 8%
b) über 1 000 Einwohner bis einschl. 2 000 Einwohner aus mindestens 5% bis 7%
§ 8 - § 10 legen die Organisation und Ausrüstung der Wehren fest.
§ 11 Überall da, wo die angeordnete Minimalzahl sich freiwillig zum Dienste in der einexerzierten Feuerwehr bereiterklärt, soll eine freiwillige Feuerwehr errichtet werden.
Die freiwilligen Feuerwehren haben die Verpflichtung, alljährlich mindestens 6 Übungen abzuhalten, an denen das gesamte Korps teilnimmt. Sie haben das Recht, ihre Statuten und das Dienstreglement innerhalb der gesetzlichen Grenze selbst zu entwerfen und ihre Führer selbst zu wählen. Die Statuten und das Dienstreglement unterliegen der Genehmigung der Herzoglichen Kreisdirektion, die Führer bedürfen der Bestätigung dieser Behörden.
§ 12 Beinhaltet Festlegungen über die Pflichtfeuerwehr. Nach Aussagen älterer Bürger unserer Gemeinde hat es solche in Börnecke nur während des zweiten Weltkrieges gegeben.
§ 13 Ordnungsmannschaften
Die Ordnungsmannschaft besteht aus allen tauglichen Verpflichteten, welche nicht in der einexerzierten Feuerwehr dienen. Hierzu können wir berichten, dass auch in der Gemeinde Börnecke bis in die Zeit des zweiten Weltkrieges hinein eine Ordnungsmannschaft vorhanden war. Viele ältere Bürger können sich daran noch erinnern.
§ 14 - § 26 enthalten die Aufgaben und Pflichten der Mitglieder, sowie die Obliegenheiten oberster Führer der Feuerwehr und Ordnungsmannschaften.
§ 27 beinhaltet, dass die Kosten des Feuerlöschwesens, insbesondere die Ausrüstungen der Feuerwehren, die Anschaffung der Löschgeräte und die ordnungsgemäße Unterhaltung den Gemeinde-haushalten unterliegen.
§ 28 soll in allen Gemeinden zur Aufbewahrung der Löschgeräte zweckmäßig gelegene, trockene und luftige Lokale (Spritzenhäuser) vorhanden sein, welche zu anderen Zwecken nicht benutzt werden dürfen. Jeder Führer der Ortsfeuerwehr erhält dazu einen Schlüssel.
Die weiteren Paragrafen enthalten in der Reihenfolge von
§ 29 Die Feuerlöschgeräte
§ 30 Die Wasservorräte
§ 31 Die Transportmittel
§ 32 Die Alarmierung der Wehren
§ 33 Zutritt zu brandverdächtigen Gebäuden
§ 34 Zutritt zur Brandstelle
§ 35 Zutritt zu den Nachbargrundstücken
§ 36 Beleuchtung der Straßen
§ 37 Flugfeuer
§ 38 Bereitstellen von Privatlöschgeräten
§ 39 Strafbestimmungen
§ 40 Sorge für zu Schaden gekommene Feuerwehrmänner und deren Familien
§ 41 Prämie für geleistete Feuerhilfe
Wichtig für uns sind noch die Übergangsbestimmungen, die ab § 42 beginnen.
Eine kurze Inhaltsangabe sei hier noch aufgeführt.
§ 42 Die 1. Aushebung der Feuerwehr erfolgt im Monat November, die Wahl, Ernennung der Führer im Monat Dezember 1874. Die Feuerlöschbezirke sind binnen 3 Monate nach Erlaß dieses Gesetzes festzustellen und gleichzeitig ist ein Kreisbranddirektor zu ernennen.
§ 43 Die Gemeinden haben die Ausrüstungsgegenstände der Feuerwehr im Laufe des Jahres 1874 anzuschaffen. Vorhandene Spritzen und Geräte, soweit noch brauchbar, können auch, wenn sie den Anforderungen dieses Gesetzes nicht entsprechen, bis auf weiteres beibehalten bzw. übernommen werden.
§ 44 Vor Eintritt der Wirksamkeit des Gesetzes bis zum 1. Januar 1875 unter gleichzeitiger Aufhebung der allgemeinen Feuerordnung für die Landgemeinden des Gesetzes vom 15. Oktober 1832.
Abschließend heißt es dort: „Alle die es angeht, haben sich hiernach zu richten.“